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Zitate von S. E. Kardinal Jorge Bergoglio
Zitate aus dem Buch Sobre el Cielo y la Tierra (“On the Heavens and the Earth”)
==> http://www.lanacion.com.ar/1326530-aportes-del-dialogo-interreligioso

- The Conversation between Card. Jorge Bergoglio and Rabbi Abraham Skorka, rector of the Latin American Rabbinical Seminary. This conversation appears in the book Sobre el Cielo y la Tierra (“On the Heavens and the Earth”) published in 2012 by the Sudamericana publishing company. -

( Übersetzung: Kreuzgang.org ==> http://tinyurl.com/c62txfn )

Zitat Card. Bergoglio:
"Es ist ein ernstes Problem, wenn das Geistliche zur Ideologie verkürzt wird, wenn es die Kraft der eigentlichen religiösen Erfahrung verliert und die dadurch entstandene Lücke mit weltanschaulichen Ideen aufgefüllt wird. Die andere Gefahr ist die, wohltätige Werke um der Wohltätigkeit selbst willen zu tun, wie eine NGO zu agieren, statt an der religiösen Erfahrung teilzuhaben. Es gibt religiöse Gemeinschaften, die unbewusst Gefahr laufen, in Richtung einer Wohltätigkeitsvereinigung abzudriften. Es geht aber nicht einfach darum, dies oder jenes zu machen, um dem Nächsten zu helfen. Wie betest du? Wie hilfst du deiner Gemeinschaft, damit sie in die Gotteserfahrung eintritt? Das sind die Schlüsselfragen."

Zitat Card. Bergoglio:
"Beten ist ein Akt der Freiheit. Aber es gibt manchmal den Versuch, das Gebet unter Kontrolle bringen zu wollen. Das ist, als wollte man Gott unter Kontrolle bringen. Das hat mit Fehlhaltungen zu tun, mit einem übertriebenen Formalismus oder einer der vielen anderen Kontrollstrategien des Menschen. Das Gebet ist Reden und Zuhören. Es gibt Momente tiefer Stille, anbetend, abwartend was geschieht. Beim Beten geht diese ehrfürchtige Stille mit einer Art Ringen einher, wie Abraham, der mit Gott über die Bestrafung von Sodom und Gomorra verhandelt. Auch Mose ringt mit Gott, wenn er für sein Volk bittet und den Herrn zu überzeugen sucht, das Volk nicht zu bestrafen. Das ist eine mutige Haltung, ein Mut, der zusammen mit Demut und Anbetung für das rechte Gebet unverzichtbar ist."

Zitat Card. Bergoglio:
"Das moralische Problem bei der Abtreibung ist vorreligiöser Art. Im Augenblick der Empfängnis ist der genetische Code einer Person vorgegeben. Da ist bereits ein menschliches Wesen. Ich möchte das Thema Abtreibung deshalb ganz von religiösen Vorstellungen trennen. Es ist ein wissenschaftliches Problem. Das Verhindern der fortschreitenden Weiterentwicklung eines Wesens, das bereits den genetischen Code eines Menschen besitzt, ist ethisch nicht vertretbar. Das Recht auf Leben ist das allererste Menschenrecht. Abtreibung ist die Tötung eines Wehrlosen."

Zitat Card. Bergoglio:
"Vor fünfzig Jahren war das Konkubinat gesellschaftlich nicht so üblich wie heute. Damals war sogar das Wort anstößig. Später haben sich die Dinge verändert. Heute hat das Zusammenleben vor der Ehe – obwohl aus religiöser Sicht nicht richtig – nicht diesen negativen gesellschaftlichen Ruch wie vor fünfzig Jahren. Es ist eine soziologische Realität geworden. Sicherlich hat es nicht die Fülle und die Größe der Ehe, einer jahrtausendealten Einrichtung, die es wert ist, verteidigt zu werden. Deshalb warnen wir vor einer möglichen Entwertung der Ehe. Bevor man hier die Rechtslage ändert, muss gründlich darüber nachgedacht werden, was da auf dem Spiel steht."

Zitat Card. Bergoglio:
"Ja, es gibt vermehrt kleine restaurationistische Grüppchen; ich nenne sie Fundamentalisten. Wie Sie richtig beschreiben, sagen sie inmitten dieser vielen Ungewissheiten zu den jungen Leuten: „Tu dies und tu das!“ Ein Bursche oder ein Mädchen von siebzehn oder achtzehn Jahren begeistert sich dafür, wird weiter und weiter in eine starre Regelwelt hineingeführt, und in Wahrheit verkorkst man ihnen das Leben. Mit dreißig explodieren sie dann. Weil man sie nicht gelehrt hat, die tausendundeinen Krisen des Lebens zu bewältigen, einschließlich der tausendundeinen Fehler, die man hat, und der tausendundeinen Ungerechtigkeiten, die man begeht. So fehlt ihnen die Basis, um beispielsweise die Barmherzigkeit Gottes zu erkennen oder zu begreifen. Diese sehr rigide Art der Religiosität maskiert sich mit doktrinellen Lehren, die vorgeblich Begründungen liefern, aber in Wirklichkeit berauben sie die Leute ihrer Freiheit und lassen sie nicht wachsen. Ein Großteil endet im Doppelleben."

Zitat Card. Bergoglio:
"[Das war a]ls mich die Evangelikalen zum ersten Mal zu einer ihrer Versammlungen im Luna Park einluden, das Stadion war voll. An jenem Tag sprachen ein katholischer Priester und ein evangelischer Pastor. Jeder hielt zwei Ansprachen, abwechselnd, mit einer kurzen Pause, um mittags ein paar Sandwichs zu essen. Bei einer Gelegenheit bat der evangelische Pastor die Zuhörer, alle sollten für mich und mein Amt [„Ministerium“] beten. Er hatte mich vorher gefragt, ob ich es akzeptieren würde, wenn für mich gebetet wird. Ich hatte geantwortet: ja, selbstverständlich. Als dann alle beteten, war das Erste, was mir in den Sinn kam, niederzuknien – eine sehr katholische Geste –, um das Gebet und die Segnung [„Benediktion“] der siebentausend Menschen zu empfangen, die dort versammelt waren.
In der darauf folgenden Woche titelte eine Zeitschrift: „Metropolitansitz Buenos Aires vakant: Erzbischof macht sich der Apostasie schuldig.“ Für diese Leute war Beten gemeinsam mit anderen Apostasie! Sogar mit einem Agnostiker, von seinem Zweifel ausgehend, können wir gemeinsam nach oben schauen und die Transzendenz suchen. Jeder betet nach seiner Tradition, wo ist das Problem?"

Zitat Card. Bergoglio:
"Wir nehmen im Seminar nur ungefähr vierzig Prozent der Bewerber an, die sich vorstellen. Die Berufung muss geprüft werden. Es gibt zum Beispiel ein psychologisches Phänomen: pathologische oder neurotische Suche nach äußeren Sicherheiten. Manche Menschen haben das Gefühl, sie könnten aus sich selbst heraus im Leben keinen Erfolg haben. Sie suchen Institutionen, die sie beschützen. Eine solche Institution ist der Klerus.
Davor dürfen wir die Augen nicht verschließen. Wir versuchen deshalb, die Interessenten genau kennen zu lernen, lassen sie gründliche psychologische Tests absolvieren, bevor sie ins Seminar eintreten. Während des einjährigen Zusammenlebens vor dem Seminareintritt an allen Wochenenden schaut man genauer hin und unterscheidet zwischen denen, die Berufung haben, und jenen, die in Wirklichkeit nicht berufen sind, sondern einen Schutzraum suchen oder sich in der Wahrnehmung der Berufung geirrt haben.
Wenn man davon ausgeht, dass jeder, der eintritt, auch berufen ist, muss man auch mit der Möglichkeit der Untreue zu dieser Berufung rechnen. Der Fall Sauls: Er war berufen und verriet den Herrn.
Ein Beispiel wäre die Verweltlichung. Es gab im Laufe der Geschichte immer wieder verweltlichte Priester und Bischöfe. Bei einem verweltlichten Priester denkt man ja meist an die unerlaubte Beziehung zu einer Frau, aber das ist nur eine von vielen Formen, ein Doppelleben zu führen. Da sind diejenigen, die bereit sind, religiöse Überzeugungen politischen Allianzen zu opfern, oder aus spiritueller Mondänität vernachlässigen.
Nach Meinung eines katholischen Theologen, Henri de Lubac, ist das Schlimmste, was jenen passieren kann, die gesalbt, zum Dienst berufen sind, ein Leben nach den Kriterien der Welt zu führen anstelle jener Kriterien, die der Herr auf den Gesetzestafeln und im Evangelium angeordnet hat. Würde das in der gesamten Kirche geschehen, so wäre dies viel schlimmer als die beschämenden historischen Beispiele von Hirten mit libertinärem Lebenswandel. Das Schlimmste, was uns im priesterlichen Dienst passieren kann, ist weltlich zu werden, Bischöfe oder Priester in Light-Ausführung!"

Zitat Card. Bergoglio:
"In der lateinischen Kirche (Westkirche), zu der ich gehöre, können Priester nicht heiraten. In den katholischen Kirchen melkitischer, ukrainischer, russischer und griechischer Tradition ist das anders. In diesen Kirchen können Priester heiraten; Bischöfe allerdings nicht, sie müssen unverheiratet sein. Es sind übrigens ganz ausgezeichnete Priester. Manchmal ziehe ich sie auf, sage ihnen, dass sie zwar eine Frau im Haus, aber nicht bedacht haben, dass auch eine Schwiegermutter dazu gehört.
Die Diskussion über den Zölibat wird im westlichen Katholizismus von bestimmten Organisationen vorangetrieben. Bis jetzt hält man an der Disziplin des Zölibates fest. Manche sagen etwas zu pragmatisch, wir verlieren dadurch Arbeitskräfte [im Weinberg]. In dem hypothetischen Fall, dass die lateinische Kirche den Zölibat tatsächlich überdenken sollte, so wird sie das, glaube ich, aus kulturellen Erwägungen heraus (wie im Osten) tun, nicht so sehr im Sinne einer grundsätzlichen Wende.
Zum jetzigen Zeitpunkt bin ich dafür, den Zölibat beizubehalten, mit allem, was dafür und dagegen spricht. Immerhin blicken wir auf zehn Jahrhunderte zurück, in denen die guten Erfahrungen die Misserfolge überwiegen. Das Problem ist, dass Skandale sofort ins Auge fallen. Die Tradition hat ihr Gewicht und ihren Wert. Die katholischen Geistlichen haben den Zölibat nach und nach angenommen. Bis 1100 gab es solche, die sich dafür entschieden, und solche, die das nicht taten. Danach folgte der Osten der nichtzölibatären Tradition – Zölibat als persönliche Option – und im Westen geschah das Gegenteil. Das ist eine Frage der Disziplin, nicht des Glaubens. Man kann das ändern.
Persönlich ist es mir nie in den Sinn gekommen, zu heiraten. Aber es gibt solche Fälle. Denken Sie an den Präsidenten von Paraguay, Fernando Lugo, ein brillianter Typ. Aber in seiner Zeit als Bischof hatte er einen Fehltritt und gab seine Diözese auf. Seine Entscheidung war ehrenhaft. Es kommen manchmal Priester, die sich in dieser Hinsicht verfehlen."

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Weitere Zitate aus seiner Zeit als Kardinal Jorge Mario Bergoglio:

Zitat:
"...Die Glückseligkeit auf dieser Erde, verheißen als Unterpfand der himmlischen Glückseligkeit, kommt nicht von uns, wir können sie weder selbst bewerkstelligen noch bewahren oder kontrollieren. Sie liegt nicht in unserer Hand, und das macht sie prekär für jene, die meinen, ihr Leben selbst planen zu können. Es ist die Glückseligkeit der Armen, die in den Genuss dieses ungeschuldeten Geschenks kommen. Die Glückseligkeit dessen, der stets getragen ist von der Hoffnung auf den Herrn, und der gerade deshalb beruhigt ist. Es ist nämlich eine schöne Sache, in der Gewissheit leben zu können, dass uns der Herr zuerst liebt, uns zuerst sucht. Der Herr der Geduld, der uns entgegenkommt in der Hoffnung, dass wir, wie einst Zachäus, auf den Baum der humilitas steigen. Ihm hat Augustinus jenes schöne Gebet gewidmet, das auch Benedikt XVI. unlängst zitiert hat und mit dem man auch das vorliegende Buch [1] zusammenfassen könnte: „Gib, was du befiehlst, und befiehl, was du willst.“ Gib, dass wir wieder wie Kinder werden, und dann befiehl, dass wir wie Kinder sind, um ins Himmelreich eingehen zu können."
(S.E. Kardinal Jorge Mario Bergoglio)
Quelle 30giorni ==> http://www.30giorni.it/articoli_id_78318_l5.htm

Zitat:
"...Das Ausharren im Glauben impliziert das Hinausgehen. Denn gerade dadurch, dass man im Herrn bleibt, geht man aus sich selbst heraus. Paradoxerweise gerade dann, wenn man bleibt, ändert man sich, weil man gläubig ist. Man bleibt nicht gläubig, wenn man wie die Traditionalisten oder die Fundamentalisten am Buchstaben klebt. Treue ist immer Änderung, Aufkeimen, Wachstum. Der Herr bewirkt eine Änderung in dem, der ihm treu ist. Das ist die katholische Glaubenslehre. Der hl. Vinzenz von Lerins zieht den Vergleich zwischen der biologischen Entwicklung der Person, zwischen der Person, die wächst, und der Tradition, die durch Vermitteln des depositum fidei von einer Epoche zur anderen wächst und sich im Laufe der Zeit konsolidiert: „Ut annis scilicet consolidetur, dilatetur tempore, sublimetur aetate.“"
(S.E. Kardinal Jorge Mario Bergoglio)
Quelle 30giorni ==> http://www.30giorni.it/articoli_id_16590_l5.htm

Zitat:
"...die Klerikalisierung (Anm.: der Laien) ist ein Problem. Die Priester klerikalisieren die Laien, und die Laien bitten uns, klerikalisiert zu werden … Eine sündige Komplizenschaft. Und wenn man bedenkt, dass allein die Taufe genügen könnte. Ich denke an die christlichen Gemeinschaften in Japan, die über 200 Jahre keinen Priester hatten. Als die Missionare zurückkehrten, fanden sie dort alle getauft vor, alle waren kirchlich verheiratet und alle Verstorbenen hatten ein katholisches Begräbnis bekommen. Der Glaube war intakt geblieben dank der Gaben der Gnade, die das Leben dieser Laien, die nur die Taufe empfangen hatten und ihre apostolische Mission allein kraft der Taufe lebten, mit Freude erfüllt hatten. Man darf keine Angst davor haben, allein von Seiner Zärtlichkeit abzuhängen…"
(S.E. Kardinal Jorge Mario Bergoglio)
Quelle 30giorni ==> http://www.30giorni.it/articoli_id_16590_l5.htm

Zitat:
"...Das, wovor er (Anm.: Jonas) floh, war nicht so sehr Ninive, sondern vielmehr die unermessliche Liebe Gottes zu den Menschen. Das war es, was nicht in seine Pläne passte. Gott ist einmal gekommen … „und für den Rest werde ich sorgen“: hatte sich Jonas gesagt. Er wollte die Dinge auf seine Weise machen, wollte alles selbst in die Hand nehmen. Seine Starrköpfigkeit machte ihn zum Gefangenen seiner strukturierten Urteile, seiner vorgefassten Methoden, seiner korrekten Meinungen. Er hatte seine Seele mit dem Stacheldrahtzaun dieser Gewissheiten abgegrenzt, die statt mit Gott Freiheit zu geben und Horizonte eines größeren Dienstes an den anderen zu öffnen letztendlich sein Herz taub gemacht hatten. Wie sehr verhärtet doch das Herz das isolierte Gewissen! Jonas wusste nicht mehr, dass Gott sein Volk mit dem Herzen eines Vaters führt...."
(S.E. Kardinal Jorge Mario Bergoglio)
Quelle 30giorni ==> http://www.30giorni.it/articoli_id_16590_l5.htm

...ein weiterer Auszug aus dem Interview:

30giorni: In Jonas können sich sicher viele von uns wieder erkennen.

BERGOGLIO: Unsere Gewissheiten können zur Mauer werden, zu einem Gefängnis, das den Heiligen Geist gefangen hält. Wer sein Gewissen vom Weg des Volkes Gottes isoliert, kennt nicht die Freude des Heiligen Geistes, die die Hoffnung aufrecht hält. Das ist das Risiko, das das isolierte Gewissen eingeht. Das Risiko derer, die sich von der geschlossenen Welt ihres Tarsis über alles beklagen oder sich, wenn sie sich in ihrer Existenz bedroht fühlen, in Schlachten stürzen, um letztendlich nur noch mehr mit sich selbst beschäftigt, auf sich selbst konzentriert zu sein.

30giorni: Was kann man tun?

BERGOGLIO: Unser Volk nicht so sehen, wie es sein sollte, sondern wie es ist, und folglich sehen, was notwendig ist. Ohne Vorhersagen und Rezepte, aber mit einer großzügigen Haltung der Öffnung. Den Herrn sprechen lassen … In einer Welt, deren Interesse wir nicht mit von uns gesprochenen Worten wecken können, kann nur Seine Präsenz – die dessen, der uns liebt und rettet – Interesse wecken. Der apostolische Eifer erneuert sich, solange wir Zeugnis ablegen für den, der uns zuerst geliebt hat.

30giorni: Was ist Ihrer Meinung nach das Schlimmste, was in der Kirche passieren kann?

BERGOGLIO: Das, was De Lubac als „spirituelle Mondanität“ bezeichnete. Das ist die größte Gefahr für die Kirche, für uns, die wir in der Kirche sind. „Es ist schlimmer,“ sagt De Lubac, „katastrophaler als jene infame Lepra, die die erwählte Braut zu den Zeiten der freidenkerischen Päpste entstellte.“ Spirituelle Mondanität ist, wenn man sich selbst in den Mittelpunkt stellt. Es ist das, was Jesus unter den Pharisäern erkennen kann: „… Ihr, die ihr euch selbst verherrlicht, die ihr einander selbst verherrlicht.“"
(S.E. Kardinal Jorge Mario Bergoglio)
Quelle 30giorni ==> http://www.30giorni.it/articoli_id_16590_l5.htm

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Der Kardinal von Havanna, Jaime Lucas Ortega y Alamino (76), veröffentlichte am Dienstag (vor dem 28.3.13 - Ortszeit) in seiner Bistumszeitung ein Manuskript jener Rede, die Jorge Mario Bergoglio Anfang März vor den Kardinälen in Rom hielt, wenige Tage, bevor das eigentliche Konklave begann. Der Autor selbst, der inzwischen zum Papst gewählt wurde, hat ihm die Genehmigung dafür gegeben. Ortega bat Bergoglio später um eine schriftliche Fassung, die dieser ihm handschriftlich anfertigte. Das Manuskript mit der gut lesbaren Handschrift zirkuliert nun im Internet unter dem Titel "Wider die kirchliche Selbstbezogenheit" und ist eine Zusammenfassung der Rede S.E. Kardinal Bergoglios vor den Kardinälen, ...hier in einer Übersetzung von KNA:

"Ich habe Bezug genommen auf die Evangelisierung. Sie ist der Daseinsgrund der Kirche. Es ist die "süße, tröstende Freude, das Evangelium zu verkünden" (Paul VI.). Es ist Jesus Christus selbst, der uns von innen her dazu antreibt.

1. Evangelisierung setzt apostolischen Eifer voraus. Sie setzt in der Kirche kühne Redefreiheit voraus, damit sie aus sich selbst herausgeht. Sie ist aufgerufen, aus sich selbst herauszugehen und an die Ränder zu gehen. Nicht nur an die geografischen Ränder, sondern an die Grenzen der menschlichen Existenz: die des Mysteriums der Sünde, die des Schmerzes, die der Ungerechtigkeit, die der Ignoranz, die der fehlenden religiösen Praxis, die des Denkens, die jeglichen Elends.

2. Wenn die Kirche nicht aus sich selbst herausgeht, um das Evangelium zu verkünden, kreist sie um sich selbst. Dann wird sie krank (vgl. die gekrümmte Frau im Evangelium). Die Übel, die sich im Lauf der Zeit in den kirchlichen Institutionen entwickeln, haben ihre Wurzel in dieser Selbstbezogenheit. Es ist ein Geist des theologischen Narzissmus.

In der Offenbarung sagt Jesus, dass er an der Tür steht und anklopft. In dem Bibeltext geht es offensichtlich darum, dass er von außen klopft, um hereinzukommen ... Aber ich denke an die Male, wenn Jesus von innen klopft, damit wir ihn herauskommen lassen. Die egozentrische Kirche beansprucht Jesus für sich drinnen und lässt ihn nicht nach außen treten.

3. Die um sich selbst kreisende Kirche glaubt - ohne, dass es ihr bewusst wäre - dass sie eigenes Licht hat. Sie hört auf, das "Geheimnis des Lichts" zu sein, und dann gibt sie jenem schrecklichen Übel der "geistlichen Mondänität" Raum (nach Worten de Lubacs das schlimmste Übel, was der Kirche passieren kann).

Diese (Kirche) lebt, damit die einen die anderen beweihräuchern. Vereinfacht gesagt: Es gibt zwei Kirchenbilder: die verkündende Kirche, die aus sich selbst hinausgeht, die das "Wort Gottes ehrfürchtig vernimmt und getreu verkündet"; und die mondäne Kirche, die in sich, von sich und für sich lebt. Dies muss ein Licht auf die möglichen Veränderungen und Reformen werfen, die notwendig sind für die Rettung der Seelen."

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(PH - 2013-04-10)

Zitat aus der ersten Predigt als Papst am 14. März 2013
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"...Drittens: bekennen. Wir können gehen, wie weit wir wollen, wir können vieles aufbauen, aber wenn wir nicht Jesus Christus bekennen, geht die Sache nicht. Wir werden eine wohltätige NGO, aber nicht die Kirche, die Braut Christi. Wenn man nicht geht, bleibt man da stehen. Wenn man nicht auf Stein aufbaut, was passiert dann? Es geschieht das, was den Kindern am Strand passiert, wenn sie Sandburgen bauen: Alles fällt zusammen, es hat keine Festigkeit. Wenn man Jesus Christus nicht bekennt, da kommt mir das Wort von Léon Bloy in den Sinn: "Wer nicht zum Herrn betet, betet zum Teufel." Wenn man Jesus Christus nicht bekennt, bekennt man die Weltlichkeit des Teufels, die Weltlichkeit des Bösen.
(...)
Ich möchte, dass nach diesen Tagen der Gnade wir alle den Mut haben, wirklich den Mut, in der Gegenwart des Herrn zu gehen mit dem Kreuz des Herrn; die Kirche aufzubauen auf dem Blut des Herrn, das er am Kreuz vergossen hat; und den einzigen Ruhm zu bekennen: Christus den Gekreuzigten. Und so wird die Kirche voranschreiten.

Ich wünsche uns allen, dass der Heilige Geist auf die Fürbitte der Mutter Gottes, unserer Mutter, uns diese Gnade schenke: gehen, aufbauen, Jesus Christus den Gekreuzigten bekennen. Amen."

Quelle ==> http://tinyurl.com/bzwvrtj

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Zitat aus der ersten Pressekonferenz am 16.03.2013
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"...Manche wussten nicht, warum der Bischof von Rom sich Franziskus nennen wollte. Einige dachten an Franz Xaver, an Franz von Sales und auch an Franz von Assisi. Ich erzähle Ihnen eine Geschichte. Bei der Wahl saß neben mir der emeritierte Erzbischof von São Paolo und frühere Präfekt der Kongregation für den Klerus Kardinal Claudio Hummes – ein großer Freund, ein großer Freund! Als die Sache sich etwas zuspitzte, hat er mich bestärkt. Und als die Stimmen zwei Drittel erreichten, erscholl der übliche Applaus, da der Papst gewählt war. Und er umarmte, küsste mich und sagte mir: „Vergiss die Armen nicht!“ Und da setzte sich dieses Wort in mir fest: die Armen, die Armen. Dann sofort habe ich in Bezug auf die Armen an Franz von Assisi gedacht. Dann habe ich an die Kriege gedacht, während die Auszählung voranschritt bis zu allen Stimmen. Und Franziskus ist der Mann des Friedens. So ist mir der Name ins Herz gedrungen: Franz von Assisi. Er ist für mich der Mann der Armut, der Mann des Friedens, der Mann, der die Schöpfung liebt und bewahrt. Gegenwärtig haben auch wir eine nicht sehr gute Beziehung zur Schöpfung, oder? Er ist der Mann, der uns diesen Geist des Friedens gibt, der Mann der Armut. … Ach, wie möchte ich eine arme Kirche für die Armen!

(...)

Ich bin Ihnen sehr verbunden und danke Ihnen für alles, was Sie getan haben. Und ich denke an Ihre Arbeit: Ich wünsche Ihnen, dass Sie sachlich und fruchtbringend arbeiten und dass Sie das Evangelium Jesu Christi und damit das Leben der Kirche immer besser verstehen. Ich empfehle Sie der Fürsprache der seligen Jungfrau Maria, Stern der Evangelisierung. Ihnen und Ihren Familien wünsche ich alles Gute, und von Herzen segne ich Sie alle.

[spanisch:] Ich habe gesagt, dass ich Ihnen von Herzen meinen Segen erteilen würde. Da aber viele von Ihnen nicht der katholischen Kirche angehören, andere nicht gläubig sind, erteile ich von Herzen diesen Segen in Stille jedem von Ihnen mit Respekt vor dem Gewissen jedes einzelnen, aber im Wissen, dass jeder von Ihnen ein Kind Gottes ist. Gott segne Sie.

Ansprache Seiner Heiligkeit Papst Franziskus
an die Vertreter der sozialen Kommunikationsmittel am 16.03.2013

Quelle: Radio Vatikan - rv 16.03.2013 sta ==> http://tinyurl.com/pdquwly

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Ansprache von Papst Franziskus an das Diplomatische Corps vom 22.3.2013
Exzerpt:

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"...Wie viele Arme gibt es noch in der Welt! Und welchen Leiden sind diese Menschen ausgesetzt! Nach dem Beispiel des heiligen Franziskus von Assisi hat die Kirche immer versucht, sich in jedem Winkel der Erde um die Notleidenden zu kümmern, sie zu behüten, und ich denke, dass Sie in vielen Ihrer Länder das großherzige Wirken jener Christen feststellen können, die sich engagieren, um den Kranken, den Waisen, den Obdachlosen und allen Ausgegrenzten zu helfen, und die so daran arbeiten, menschlichere und gerechtere Gesellschaften aufzubauen.

Doch es gibt auch noch eine andere Armut! Es ist die geistliche Armut unserer Tage, die ganz ernstlich auch die Länder betrifft, die als die reichsten gelten. Es ist das, was mein Vorgänger, der liebe und verehrte Benedikt XVI., „Diktatur des Relativismus“ nennt und was jeden sein eigener Maßstab sein lässt und so das Zusammenleben unter den Menschen gefährdet. Und damit komme ich zu einem zweiten Grund für meinen Namen. Franziskus von Assisi sagt: Arbeitet, um den Frieden aufzubauen! Aber es gibt keinen wahren Frieden ohne Wahrheit! Es kann keinen wahren Frieden geben, wenn jeder sein eigener Maßstab ist, wenn jeder immer und einzig sein eigenes Recht einfordern kann, ohne sich gleichzeitig um das Wohl der anderen – aller – zu kümmern, angefangen von der Natur, die alle Menschen auf dieser Welt verbindet.

Einer der Titel des Bischofs von Rom ist Pontifex, das heißt Brückenbauer – Brücken zu Gott und zwischen den Menschen. Ich wünsche mir wirklich, dass der Dialog zwischen uns dazu beiträgt, Brücken zwischen allen Menschen zu bauen, so dass jeder im anderen nicht einen Feind, einen Konkurrenten sieht, sondern einen Bruder, den er annehmen und umarmen soll! Außerdem drängt mich meine eigene Herkunft dazu, Brücken zu bauen. Wie Sie wissen, kommt ja meine Familie aus Italien; und so ist in mir stets dieser Dialog zwischen Orten und Kulturen lebendig, die voneinander entfernt sind – zwischen dem einen und dem anderen Ende der Erde, die heute einander immer näher rücken, voneinander abhängig sind, es nötig haben, einander zu begegnen und wirkliche Räume echten Miteinanders zu schaffen.

Grundlegend in diesem Werk ist auch die Rolle der Religion. Man kann nämlich keine Brücken zwischen den Menschen bauen, wenn man Gott vergisst. Doch es gilt auch das Gegenteil: Man kann keine wahre Verbindung zu Gott haben, wenn man die anderen ignoriert. Darum ist es wichtig, den Dialog zwischen den verschiedenen Religionen zu verstärken – ich denke besonders an den mit dem Islam –, und ich habe die Anwesenheit vieler ziviler und religiöser Autoritäten der islamischen Welt bei der Messe zu meiner Amtseinführung sehr geschätzt. Und es ist auch wichtig, die Gegenüberstellung mit den Nichtgläubigen zu intensivieren, damit niemals die Unterschiede, die trennen und verletzen, überhand nehmen, sondern bei aller Verschiedenheit doch der Wunsch überwiegt, wahre Bindungen der Freundschaft zwischen allen Völkern zu aufzubauen.

Die materielle wie die geistliche Armut bekämpfen, Frieden schaffen und Brücken bauen – das sind gleichsam die Bezugspunkte eines Weges, den mitzugehen ich jedes der Länder, die Sie vertreten, einlade. Das ist jedoch ein schwieriger Weg, wenn wir nicht immer mehr lernen, diese unsere Erde zu lieben. Auch in diesem Fall hilft es mir, an den Namen Franziskus zu denken, der eine tiefgreifende Achtung gegenüber der gesamten Schöpfung und die Bewahrung dieser unserer Umwelt lehrt, die wir leider allzu oft nicht zum Guten gebrauchen, sondern sie gierig ausbeuten zum gegenseitigen Schaden. ..."

Quelle: Vatican.va ==> http://tinyurl.com/cvzwlod

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Predigt von Papst Franziskus anl. der Chrisammesse am 28.3.2013
Exzerpt:

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"...Den guten Priester erkennt man daran, wie sein Volk gesalbt wird; das ist ein deutliches Beweismittel. Wenn die uns anvertrauten Menschen mit dem Öl der Freude gesalbt werden, ist das zu merken – zum Beispiel, wenn sie aus der Messe kommen mit dem Gesicht dessen, der eine gute Nachricht erhalten hat. Die Leute mögen es, wenn das Evangelium so gepredigt wird, dass man die Salbung spürt, sie mögen es, wenn das Evangelium, das wir predigen, ihr Alltagsleben erreicht, wenn es wie das Salböl Aarons bis an den „Saum" der Wirklichkeit hinabfließt, wenn es die Grenzsituationen, die „Randgebiete" erleuchtet, wo das gläubige Volk stärker der Invasion derer ausgesetzt ist, die seinen Glauben ausplündern wollen.

Die Leute danken uns, weil sie spüren, dass wir unter Einbeziehung der Situetion ihres Alltagslebens gebetet haben, mit ihren Leiden und ihren Freuden, ihren Ängsten und ihren Hoffnungen. Und wenn sie spüren, dass der Duft des Gesalbten schlechthin, der Duft Christi, durch uns zu ihnen kommt, fühlen sie sich ermutigt, uns all das anzuvertrauen, von dem sie möchten, dass es den Herrn erreiche: „Beten Sie für mich, Pater, denn ich habe dieses Problem", „segnen Sie mich, Pater", „beten Sie für mich" – das sind Zeichen dafür, dass die Salbung am Saum des Gewandes angekommen ist, denn sie wird in Bittgebet verwandelt, in Bittgebet des Gottesvolkes. Wenn wir in dieser Beziehung zu Gott und zu seinem Volk stehen und die Gnade durch uns hindurchfließt, dann sind wir Priester, Mittler zwischen Gott und den Menschen. Was ich hervorheben möchte ist, dass wir stets die Gnade wieder aufleben lassen müssen und in jeder Bitte, manchmal unangebracht, manchmal rein materiell oder sogar banal – aber das ist es nur scheinbar – den Wunsch unserer Leute, mit dem duftenden Öl gesalbt zu werden, intuitiv erfassen müssen, denn sie wissen, dass wir es besitzen. Intuitiv erfassen und erspüren, wie der Herr die von Hoffnung erfüllte Qual der unter Blutungen leidenden Frau spürte, als sie den Saum seines Mantels berührte.

Dieser Moment Jesu inmitten der Menschen, die sich von allen Seiten um ihn drängen, verkörpert die ganze Schönheit des priesterlich bekleideten Aarons mit dem Salböl, das auf seine Gewänder herabfließt. Es ist eine verborgene Schönheit, die nur für die von Glauben erfüllten Augen jener Frau erstrahlt, die an Blutungen litt. Selbst die Jünger – zukünftige Priester – vermögen nicht zu sehen, begreifen nicht: In der „existenziellen Peripherie" sehen sie nur die Äußerlichkeit der Menge, die sich von allen Seiten um Jesus drängt, so dass sie ihn beinahe erdrückt (vgl. Lk 8,42). Der Herr hingegen spürt die Kraft der göttlichen Salbung, die den Saum seines Mantels erreicht.

So müssen wir hinausgehen, um unsere Salbung zu erproben, ihre Macht und ihre erlösende Wirksamkeit: in den „Randgebieten", wo Leiden herrscht, Blutvergießen; Blindheit, die sich danach sehnt zu sehen, wo es Gefangene so vieler schlechter Herren gibt. Es ist eben gerade nicht in den Selbsterfahrungen oder in den wiederholten Introspektionen, dass wir dem Herrn begegnen: Selbsthilfekurse können im Leben nützlich sein, doch unser Priesterleben zu verbringen, indem wir von einem Kurs zum anderen, von einer Methode zur anderen übergehen, das führt dazu, Pelagianer zu werden, die Macht der Gnade herunterzuspielen, die in dem Maß aktiv wird und wächst, in dem wir gläubig hinausgehen, um uns selbst zu verschenken und den anderen das Evangelium zu geben, das bisschen Salbung, das wir besitzen, denen zu schenken, die absolut gar nichts haben.

Der Priester, der wenig aus sich herausgeht, der wenig salbt – ich sage nicht „gar nicht", denn, Gott sei Dank, entreißen die Leute uns die Salbung – kommt um das Beste unseres Volkes, um das, was das Innerste seines Priesterherzens zu aktivieren vermag. Wer nicht aus sich herausgeht, wird, statt Mittler zu sein, allmählich ein Zwischenhändler, ein Verwalter. Wir kennen alle den Unterschied: Der Zwischenhändler und der Verwalter „haben bereits ihren Lohn", und das sie ihre eigene Haut und ihr Herz nicht aufs Spiel setzen, empfangen sie keinen liebevollen Dank, der von Herzen kommt. Genau daher kommt die Unzufriedenheit einiger, die schließlich traurig, traurige Priester, und zu einer Art Antiquitäten- oder Neuheitensammler werden, anstatt Hirten mit dem „Geruch der Schafe" zu sein - das erbitte ich von euch: Seid Hirten mit dem „Geruch der Schafe", dass man ihn riecht - Hirten inmitten ihrer Herde und Menschenfischer.

Es ist wahr, dass die so genannte Identitätskrise des Priesters uns alle bedroht und mit einer Kulturkrise einhergeht, doch wenn wir ihre Welle zu durchbrechen verstehen, werden wir im Namen des Herrn in See stechen und die Netze auswerfen können. Es ist gut, dass die Wirklichkeit selbst uns dazu führt, dorthin zu gehen, wo das, was wir aus Gnade sind, eindeutig als reine Gnade erscheint: in dieses Meer der heutigen Welt, wo allein die Salbung zählt – und nicht die Funktion – und die ausgeworfenen Netze sich allein im Namen dessen als fruchtbringend erweisen, auf den wir vertraut haben: Jesus.

Liebe Gläubige, seid euren Priestern nahe mit Zuneigung und mit Gebet, damit sie immer Hirten nach dem Herzen Gottes seien.

Liebe Priester, der Himmlische Vater erneuere in uns den Geist der Heiligkeit, mit dem wir gesalbt worden sind; er erneuere ihn in unseren Herzen so, dass die Salbung zu allen gelangt, auch in die „Randgebiete", dorthin, wo unser gläubiges Volk sie am meisten erwartet und schätzt. Mögen die uns anvertrauten Menschen uns als Jünger des Herrn empfinden, mögen sie spüren, dass wir mit ihren Namen bekleidet sind, dass wir keine andere Identität suchen. Und mögen sie durch unsere Worte und Werke das Öl der Freude empfangen, das Jesus, der Gesalbte schlechthin, uns zu bringen gekommen ist. Amen."

Quelle: Vatican.va ==> http://tinyurl.com/cn69nzs

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Predigt von Papst Franziskus in der Osternacht am 30.3.2013

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Liebe Brüder und Schwestern!

1. Im Evangelium dieser lichtvollen Osternacht begegnen wir als ersten den Frauen, die sich mit den wohlriechenden Salben zum Grab Jesu begeben, um seinen Leichnam zu salben (vgl. Lk 24,1-3). Sie gehen, um eine Geste des Mitleids, der Zuneigung, der Liebe auszuführen, eine traditionelle Geste gegenüber einem lieben Verstorbenen, wie auch wir sie zu tun pflegen. Sie waren Jesus gefolgt, hatten ihm zugehört, hatten sich von ihm in ihrer Würde verstanden gefühlt und hatten ihn bis zum Ende begleitet, bis auf den Kalvarienberg und bis zum Moment der Kreuzesabnahme. Wir können uns ihre Gefühle vorstellen, während sie zum Grab gehen: eine gewisse Traurigkeit, der Schmerz, weil Jesus sie verlassen hatte, tot war; seine Geschichte war zu Ende. Nun kehrte man zu dem vorigen Leben zurück. Doch in den Frauen blieb die Liebe wach, und die Liebe zu Jesus ist es, die sie gedrängt hatte, zum Grab zu gehen. Doch an diesem Punkt geschieht etwas völlig Unerwartetes, Neues, das ihre Herzen erschüttert und ihre Pläne umstößt und das auch ihr Leben in andere Bahnen werfen wird: Sie sehen den Stein weggewälzt vom Grab, kommen näher und finden den Leichnam des Herrn nicht. Das ist etwas, das sie ratlos macht, Zweifel aufkommen lässt, sie mit Fragen erfüllt: „Was ist los?“, „Was soll das alles bedeuten?“ (vgl. Lk 24,4). Geht es nicht auch uns so, wenn im täglichen Ablauf der Dinge etwas wirklich Neues geschieht? Wir halten inne, verstehen nicht, wissen nicht, wie wir damit umgehen sollen. Das Neue macht uns häufig Angst, auch das Neue, was Gott uns bringt, das Neue, das Gott von uns verlangt. Wir sind wie die Apostel aus dem Evangelium: Oft ziehen wir es vor, unsere Sicherheiten beizubehalten, bei einem Grab stehenzubleiben im Gedanken an den Verstorbenen, der schließlich nur in der Erinnerung der Geschichte lebt wie die großen Persönlichkeiten der Vergangenheit. Wir haben Angst vor den Überraschungen Gottes; wir haben in unserem Leben Angst vor den Überraschungen Gottes! Er überrascht uns immer! So ist der Herr.

Brüder und Schwestern, verschließen wir uns nicht dem Neuen, das Gott in unser Leben bringen will! Sind wir oft müde, enttäuscht, traurig, spüren wir die Last unserer Sünden, meinen wir, es nicht zu schaffen? Verschließen wir uns nicht in uns selbst, verlieren wir nicht die Zuversicht, geben wir niemals auf: Es gibt keine Situation, die Gott nicht ändern kann, es gibt keine Sünde, die er nicht vergeben kann, wenn wir uns ihm öffnen.

2.Doch kehren wir zum Evangelium zurück, zu den Frauen, und gehen wir einen Schritt weiter. Sie finden das leere Grab, der Leichnam Jesu ist nicht da, etwas Neues ist geschehen, aber all das besagt noch nichts Klares – es löst Fragen aus, Ratlosigkeit, ohne eine Antwort zu bieten. Und siehe da, plötzlich zwei Männer in leuchtenden Gewändern, die sagen: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden“ (Lk 24,5-6). Was eine einfache Geste, eine Tat, sicher aus Liebe getan – das Gehen zum Grab – verwandelt sich jetzt in ein Ereignis, in ein Geschehnis, das wirklich das Leben verändert. Nichts bleibt wie zuvor, nicht nur im Leben jener Frauen, sondern auch in unserem Leben und in der Geschichte der Menschheit. Jesus ist nicht tot, er ist auferstanden, er ist der Lebende! Er ist nicht einfach ins Leben zurückgekehrt, sondern er ist das Leben selbst, denn er ist der Sohn Gottes, des Lebendigen (vgl. Num 14,21-28; Dtn 5,26; Jos 3,10). Jesus ist nicht mehr in der Vergangenheit, sondern er lebt in der Gegenwart und ist auf die Zukunft hin ausgerichtet, er ist das ewige „Heute“ Gottes. So zeigt sich die Neuheit Gottes vor den Augen der Frauen, der Jünger, vor unser aller Augen: der Sieg über die Sünde, über das Böse, über den Tod, über alles, was das Leben belastet und ihm ein weniger menschliches Aussehen verleiht. Und das ist eine Botschaft, die an mich, an dich, liebe Schwester, lieber Bruder, gerichtet ist. Wie oft brauchen wir es, dass die Liebe uns sagt: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Die Probleme, die Sorgen des Alltags können uns leicht dazu bringen, uns in uns selbst, in der Traurigkeit, in der Bitterkeit zu verschließen… und darin liegt der Tod. Suchen wir nicht dort den Lebenden!

Lass also zu, dass der auferstandene Jesus in dein Leben eintritt, nimm ihn auf als Freund, mit Vertrauen: Er ist das Leben! Wenn du bis jetzt fern von ihm warst, tu einen kleinen Schritt: Er wird dich mit offenen Armen empfangen. Wenn du gleichgültig bist, akzeptiere das Risiko: Du wirst nicht enttäuscht sein. Wenn es dir schwierig erscheint, ihm zu folgen, hab’ keine Angst, vertrau’ dich ihm an, sei sicher, dass er dir nahe ist, er ist auf deiner Seite und wird dir den Frieden geben, den du suchst, und die Kraft, so zu leben, wie er will.

3.Da ist noch ein letztes Element im Evangelium dieser lichtvollen Osternacht, das ich hervorheben möchte. Die Frauen begegnen der Neuheit Gottes: Jesus ist auferstanden, er ist der Lebende! Aber angesichts des leeren Grabes und der beiden Männer in leuchtenden Gewändern ist ihre erste Reaktion ein Erschrecken: Sie „blickten zu Boden“ – bemerkt der heilige Lukas –, hatten nicht einmal den Mut aufzusehen. Als sie aber die Verkündigung von der Auferstehung hören, nehmen sie sie gläubig an. Und die beiden Männer in leuchtenden Gewändern führen ein grundlegendes Verb ein: Erinnert euch. „Erinnert euch an das, was er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war …Da erinnerten sie sich an seine Worte“ (Lk 24,6.8). Es ist die Einladung, sich an die Begegnung mit Jesus, an seine Worte, seine Taten, sein Leben zu erinnern; und gerade dieses liebevolle Sich-Erinnern an die Erfahrung mit dem Meister ist es, was die Frauen dazu bringt, jegliche Furcht zu überwinden und die Verkündigung von der Auferstehung zu den Aposteln und zu allen anderen zu bringen (vgl. Lk 24,9). Sich an das erinnern, was Gott für mich, für uns getan hat und tut, sich an den zurückgelegten Weg erinnern – das öffnet das Herz für die Hoffnung auf die Zukunft. Lernen wir, uns an das zu erinnern, was Gott in unserem Leben getan hat.

In dieser Nacht des Lichtes bitten wir auf die Fürsprache der Jungfrau Maria, die alle Ereignisse in ihrem Herzen bewahrte (vgl. Lk 2,19.51), dass der Herr uns an seiner Auferstehung teilhaben lasse: Er öffne uns für die verwandelnde Neuheit, für die Überraschungen Gottes; er mache uns zu Menschen, die fähig sind, sich an das zu erinnern, was er in ihrer persönlichen Geschichte und in der Welt gewirkt hat; er mache uns fähig, ihn zu spüren als den Lebenden, der mitten unter uns lebt und wirkt; er lehre uns Tag für Tag, den Lebenden nicht bei den Toten zu suchen. Amen.

Quelle: Vatican.va ==> http://tinyurl.com/c9h4z6l

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Zitate 2013 (engl.)
“...Since many of you are not members of the Catholic Church, and others are not believers, I cordially give this blessing silently, to each of you, respecting the conscience of each, but in the knowledge that each of you is a child of God. ...”

( Silent benediction to some 5,000 representatives of the media present in the Paul VI Audience Hall during his first pontifical audience with journalists, March 16, 2013: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2013/march/documents/papa-francesco_20130316_rappresentanti-media.html )

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“...How I would like a Church which is poor and for the poor! ..."

( Said during his first pontifical audience with journalists in the Paul VI Audience Hall, March 16, 2013: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2013/march/documents/papa-francesco_20130316_rappresentanti-media.html )

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“...In the past few days I have been reading a book by a Cardinal — Cardinal Kasper, a clever theologian, a good theologian — on mercy. And that book did me a lot of good. ...”

( Angelus of March 17, 2013: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/angelus/2013/documents/papa-francesco_angelus_20130317.html )

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“...I take great pleasure in extending my warmest best wishes to you and Rome's entire Jewish community on the occasion of the Great Feast of Pesach. May the Almighty, who freed His people from slavery in Egypt to guide them to the Promised Land, continue to deliver you from all evil and to accompany you with His blessing. I ask you to pray for me . . .”

( Greetings to the Jewish Community of Rome on 25 March 2013: http://www.zenit.org/en/articles/pope-s-note-to-chief-rabbi-of-rome-for-feast-of-passover )

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“...The Lord has created us in His image and likeness, and has given us this commandment in the depths of our heart: do good and do not do evil. The Lord has redeemed all of us, all of us, with the Blood of Christ: all of us, not just Catholics. Everyone! ‘Father, the atheists?’ Even the atheists. Everyone! ...”

( Sermon at Casa Santa Marta on May 22, 2013: http://www.news.va/en/news/pope-at-mass-culture-of-encounter-is-the-foundatio )

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“...Some people say that sin is an offence to God. ...”

( General Audience of May 29, 2013: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/audiences/2013/documents/papa-francesco_20130529_udienza-generale.html )

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“...I am very happy to have met with a wise mans. ...”

( After his audience on June 1, 2013 with José Mujica, the President of Urugruay— a former terrorist, atheist, communist, secularist, pro-abortion and pro-homosexual rights: http://en.mercopress.com/2013/06/03/francis-and-mujica-full-of-praise-for-each-other-share-45-minutes-in-the-vatican )

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“...[Jesus] tells his disciples to have the people sit down in groups of 50 — this is not merely coincidental, for it means that they are no longer a crowd but become communities nourished by God’s bread. Jesus then takes those loaves and fish, looks up to heaven, recites the blessing — the reference to the Eucharist is clear — and breaks them and gives them to the disciples who distribute them... and the loaves and fish do not run out, they do not run out! This is the miracle: rather than a multiplication it is a sharing, inspired by faith and prayer. Everyone eats and some is left over: it is the sign of Jesus, the Bread of God for humanity. ...”

( Angelus of June 2, 2013: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/angelus/2013/documents/papa-francesco_angelus_20130602.html )

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“...I also think with affection of those Muslim immigrants who this evening begin the fast of Ramadan, which I trust will bear abundant spiritual fruit. ...”

( Homily given at Lampedusa on 8 July 2013 with illegal Muslim immigrants: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/homilies/2013/documents/papa-francesco_20130708_omelia-lampedusa.html - Cf. « La papauté discréditée » : http://www.dominicainsavrille.fr/le-sel-de-la-terre-n91/ )

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“...I don’t care if this education is given by Catholics, Protestants, Orthodox or Jews. What matters is that this child receives an education and ceases to be hungry. ...”

( Interview with Gerson Camarotti on Brazilian television in July 2013 during a trip to Brazil: http://www.novusordowatch.org/wire/francis-not-care-religion.htm )

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“...Finally, I send you my prayerful good wishes, that your lives may glorify the Almighty and give joy to those around you. ...”

( Greetings sent to the Muslim community at the end of Ramadan on
10 July 2013: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/messages/pont-messages/2013/documents/papa-francesco_20130710_musulmani-ramadan.html - http://www.novusordowatch.org/wire/francis-strange-papacy.htm )

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“...It is impossible to imagine a future for society without a significant injection of moral energy into a democratic order that tends to remain imprisoned in pure logic or in a mere balancing of vested interests. I consider fundamental for this dialogue the contribution made by the great religious traditions, which play a fruitful role as a leaven of society and a life-giving force for democracy. Peaceful coexistence between different religions is favored by the laicity of the state, which, without appropriating any one confessional stance, respects and esteems the presence of the religious dimension in society, while fostering its more concrete expressions. ...”

( Meeting with Brazil’s leaders of society, July 27, 2013: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2013/july/documents/papa-francesco_20130727_gmg-classe-dirigente-rio.html )

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“...When leaders in various fields ask me for advice, my response is always the same: dialogue, dialogue, dialogue. The only way for individuals, families and societies to grow, the only way for the life of peoples to progress, is via the culture of encounter, a culture in which all have something good to give and all can receive something good in return. Others always have something to give me, if we know how to approach them in a spirit of openness and without prejudice. This open spirit, without prejudice, I would describe as “social humility”, which is what favours dialogue. Only in this way can understanding grow between cultures and religions, mutual esteem without needless preconceptions, in a climate that is respectful of the rights of everyone. ...”

( Meeting with Brazil’s leaders of society, July 27, 2013: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2013/july/documents/papa-francesco_20130727_gmg-classe-dirigente-rio.html )

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“...If someone is gay and is searching for the Lord and has good will, then who am I to judge him?...”

( Apostolic Journey to Rio de Janeiro on the occasion of the XXVIII World Youth Day , Press conference of Pope Francis during the return flight, 28 July 2013: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2013/july/documents/papa-francesco_20130728_gmg-conferenza-stampa.html )

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“...A person once asked me, in a provocative manner, if I approved of homosexuality. I replied with another question: ‘Tell me: when God looks at a gay person, does he endorse the existence of this person with love, or reject and condemn this person? ...”

( Pope-Interview with Fr. Antonio Spadaro S.J. editor of Civiltà Cattolica on the 19, 23 and 29 August 2013:
http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2013/september/documents/papa-francesco_20130921_intervista-spadaro.html )

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“...Religion has the right to express its opinion in the service of the people, but God in creation has set us free: it is not possible to interfere spiritually in the life of a person. ...”

( Pope-Interview with Fr. Antonio Spadaro S.J. editor of Civiltà Cattolica on the 19, 23 and 29 August 2013: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2013/september/documents/papa-francesco_20130921_intervista-spadaro.html )

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“...We cannot insist only on issues related to abortion, gay marriage and the use of contraceptive methods. This is not possible . . . The dogmatic and moral teachings of the church are not all equivalent. The church’s pastoral ministry cannot be obsessed with the transmission of a disjointed multitude of doctrines to be imposed insistently. ...”

( Pope-Interview with Fr. Antonio Spadaro, S.J., Director of Civiltà Cattolica, August 19, 23 and 29, 2013 – Cf. p. 16: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2013/september/documents/papa-francesco_20130921_intervista-spadaro.html )

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“...It is necessary to broaden the opportunities for a stronger presence of women in the Church . . . Women are asking deep questions that must be addressed . . . We have to work harder to develop a profound theology of the woman. Only by making this step will it be possible to better reflect on their function within the Church. The feminine genius is needed wherever we make important decisions. The challenge today is this: to think about the specific place of women also in those places where the authority of the Church is exercised in various areas of the Church. ...”

( Pope-Interview with Fr. Antonio Spadaro, S.J., Director of Civiltà Cattolica, August 19, 23 and 29, 2013 – Cf. p. 16: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2013/september/documents/papa-francesco_20130921_intervista-spadaro.html )

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“...In ecumenical relations it is important not only to know each other better, but also to recognize what the Spirit has sown in the other as a gift for us. . . I ask how Pope Francis envisions the future unity of the church in light of this response. He answers: “We must walk united with our differences: there is no other way to become one. This is the way of Jesus. ...”

( Pope-Interview with Fr. Antonio Spadaro, S.J., Director of Civiltà Cattolica, August 19, 23 and 29, 2013 – Cf. p. 19: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2013/september/documents/papa-francesco_20130921_intervista-spadaro.html )

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“...The young Catholic churches, as they grow, develop a synthesis of faith, culture and life, and so it is a synthesis different from the one developed by the ancient churches. For me, the relationship between the ancient Catholic churches and the young ones is similar to the relationship between young and elderly people in a society. They build the future, the young ones with their strength and the others with their wisdom. You always run some risks, of course. The younger churches are likely to feel self-sufficient; the ancient ones are likely to want to impose on the younger churches their cultural models. But we build the future together. ...”

( Pope-Interview with Fr. Antonio Spadaro S.J. editor of Civiltà Cattolica on the 19, 23 and 29 August 2013: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2013/september/documents/papa-francesco_20130921_intervista-spadaro.html )

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“...Vatican II was a re-reading of the Gospel in light of contemporary culture,” says the pope. “Vatican II produced a renewal movement that simply comes from the same Gospel. Its fruits are enormous. Just recall the liturgy. The work of liturgical reform has been a service to the people as a re-reading of the Gospel from a concrete historical situation. Yes, there are hermeneutics of continuity and discontinuity, but one thing is clear: the dynamic of reading the Gospel, actualizing its message for today — which was typical of Vatican II — is absolutely irreversible. ...”

( Pope-Interview with Fr. Antonio Spadaro S.J. editor of Civiltà Cattolica on the 19, 23 and 29 August 2013: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2013/september/documents/papa-francesco_20130921_intervista-spadaro.html )

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“...If the Christian is a restorationist, a legalist, if he wants everything clear and safe, then he will find nothing. Tradition and memory of the past must help us to have the courage to open up new areas to God. Those who today always look for disciplinarian solutions, those who long for an exaggerated doctrinal ‘security,’ those who stubbornly try to recover a past that no longer exists - they have a static and inward-directed view of things. ...”

( Pope-Interview with Fr. Antonio Spadaro S.J. editor of Civiltà Cattolica on the 19, 23 and 29 August 2013: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2013/september/documents/papa-francesco_20130921_intervista-spadaro.html )

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“...God manifests himself in historical revelation, in history. Time initiates processes, and space crystallizes them. God is in history, in the processes. We must not focus on occupying the spaces where power is exercised, but rather on starting long-run historical processes. We must initiate processes rather than occupy spaces. God manifests himself in time and is present in the processes of history. This gives priority to actions that give birth to new historical dynamics. And it requires patience, waiting. ...”

( Pope-Interview with Fr. Antonio Spadaro S.J. editor of Civiltà Cattolica on the 19, 23 and 29 August 2013: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2013/september/documents/papa-francesco_20130921_intervista-spadaro.html )

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“...Yes, in this quest to seek and find God in all things there is still an area of uncertainty. There must be. If a person says that he met God with total certainty and is not touched by a margin of uncertainty, then this is not good. For me, this is an important key. If one has the answers to all the questions—that is the proof that God is not with him. It means that he is a false prophet using religion for himself. . . The risk in seeking and finding God in all things, then, is the willingness to explain too much, to say with human certainty and arrogance: ‘God is here.’ We will find only a god that fits our measure. ...”

( Pope-Interview with Fr. Antonio Spadaro, S.J., director of Civiltà Cattolica on August 19, 23 and 29, 2013 - Cf. p. 21/22 http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2013/september/documents/papa-francesco_20130921_intervista-spadaro.html )

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“...I ask you to pray for me because this job is a “taxing” job, far from easy. ...”

( Address of Pope Francis to the young people from the Italian diocese of Piacenza-Bobbio at the Vatican Basilica - Altar Of The Chair Wednesday, 28 August 2013: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2013/august/documents/papa-francesco_20130828_giovani-piacenza-bobbio.html )

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“. . . a culture of dialogue; this is the only way to peace. ...”

( Angelus of September 1, 2013: http://www.zenit.org/en/articles/on-the-plea-for-peace - http://w2.vatican.va/content/francesco/en/angelus/2013/documents/papa-francesco_angelus_20130901.html )

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“...The Church and the Virgin Mary are mothers, both of them; what is said of the Church can be said also of Our Lady and what is said of Our Lady can also be said of the Church! . . . Do we love the Church as we love our mothers, also taking into account her defects? All mothers have defects, we all have defects, but when we speak of our mother's defects we gloss over them, we love her as she is. And the Church also has her defects: but we love her just as a mother. Do we help her to be more beautiful, more authentic, more in harmony with the Lord? ...”

( General Audience of September 11, 2013: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/audiences/2013/documents/papa-francesco_20130911_udienza-generale.html )

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“...The most serious of the evils that afflict the world these days are youth unemployment and the loneliness of the old. ...”

( Pope Interview with Eugenio Scalfari September 24, 2013 published October 1, 2013 in La Repubblica: http://www.repubblica.it/cultura/2013/10/01/news/pope_s_conversation_with_scalfari_english-67643118/ )

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“...Our goal is not to proselytize but to listen to needs, desires and disappointments, despair, hope. We must restore hope to young people, help the old, be open to the future, spread love. Be poor among the poor. We need to include the excluded and preach peace. ...”

( Pope Interview with Eugenio Scalfari September 24, 2013 published October 1, 2013 in La Repubblica: http://www.repubblica.it/cultura/2013/10/01/news/pope_s_conversation_with_scalfari_english-67643118/ )

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“...The Son of God became incarnate in order to instill the feeling of brotherhood in the souls of men. All are brothers and all children of God. ...”

( Pope Interview with Eugenio Scalfari September 24, 2013 published October 1, 2013 in La Repubblica: http://www.repubblica.it/cultura/2013/10/01/news/pope_s_conversation_with_scalfari_english-67643118/ )

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“...Each of us has a vision of good and of evil. We have to encourage people to move towards what they think is Good . . . And I repeat it here. Everyone has his own idea of good and evil and must choose to follow the good and fight evil as he conceives them. That would be enough to make the world a better place. ...”

( Pope Interview with Eugenio Scalfari September 24, 2013 published October 1, 2013 in La Repubblica: http://www.repubblica.it/cultura/2013/10/01/news/pope_s_conversation_with_scalfari_english-67643118/ )

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“...I also had a teacher for whom I had a lot of respect and developed a friendship and who was a fervent communist. She often read Communist Party texts to me and gave them to me to read. So I also got to know that very materialistic conception . . . Her materialism had no hold over me. But learning about it through a courageous and honest person was helpful. I realized a few things, an aspect of the social, which I then found in the social doctrine of the Church. ...”

( Pope Interview with Eugenio Scalfari September 24, 2013 published October 1, 2013 in La Repubblica: http://www.repubblica.it/cultura/2013/10/01/news/pope_s_conversation_with_scalfari_english-67643118/ )

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“...Vatican II, inspired by Pope[s] Paul VI and John, decided to look to the future with a modern spirit and to be open to modern culture. The Council Fathers knew that being open to modern culture meant religious ecumenism and dialogue with non-believers. But afterwards very little was done in that direction. I have the humility and ambition to want to do something. ...”

( Pope Interview with Eugenio Scalfari September 24, 2013 published October 1, 2013 in La Repubblica: http://www.repubblica.it/cultura/2013/10/01/news/pope_s_conversation_with_scalfari_english-67643118/ )

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“...Proselytism is solemn nonsense; it makes no sense. We need to get to know each other, listen to each other and improve our knowledge of the world around us. Sometimes after a meeting I want to arrange another one because new ideas are born and I discover new needs. This is important: to get to know people, listen, expand the circle of ideas. The world is crisscrossed by roads that come closer together and move apart, but the important thing is that they lead towards the Good. ...”

( Pope Interview with Eugenio Scalfari September 24, 2013 published October 1, 2013 in La Repubblica: http://www.repubblica.it/cultura/2013/10/01/news/pope_s_conversation_with_scalfari_english-67643118/ )

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“...I believe in God, not in a Catholic God; there is no Catholic God; there is God and I believe in Jesus Christ, his incarnation. Jesus is my teacher and my pastor, but God, the Father, Abba, is the light and the Creator. This is my Being. ...”

( Pope Interview with Eugenio Scalfari September 24, 2013 published October 1, 2013 in La Repubblica: http://www.repubblica.it/cultura/2013/10/01/news/pope_s_conversation_with_scalfari_english-67643118/ )

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"...Are your hands bound together? It looks like they're stuck. ..."

( Addressing one of the altar boys standing quietly before him in Vatican Grotto Chapel on November 2, 2013 — after which he separated the boys’ hands: http://www.romereports.com/pg154658-pope-francis-visits-vatican-grottoes-to-pray-for-deceased-pontiffs--en )

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“... it is admirable to see how Muslims both young and old, men and women, make time for daily prayer and faithfully take part in religious services. ...”

( Apostolic Exhortation Evangelii Gaudium of 24 November 2013, § 252: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20131124_evangelii-gaudium.html#Interreligious_dialogue )

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“...We hold the Jewish people in special regard because their covenant with God has never been revoked, for ‘the gifts and the call of God are irrevocable’ (Rom 11:29). ...”

( Apostolic Exhortation Evangelii Gaudium of 24 November 2013, §247: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20131124_evangelii-gaudium.html#Interreligious_dialogue )

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“...We should not think, however, that the Gospel message must always be communicated by fixed formulations learned by heart or by specific words which express an absolutely invariable content. ...”

( Apostolic Exhortation Evangelii Gaudium of November 24, 2013, §129 : http://w2.vatican.va/content/francesco/en/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20131124_evangelii-gaudium.html#Person_to_person )

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“...In her ongoing discernment, the Church can also come to see that certain customs not directly connected to the heart of the Gospel, even some which have deep historical roots, are no longer properly understood and appreciated. Some of these customs may be beautiful, but they no longer serve as means of communicating the Gospel. We should not be afraid to re-examine them. At the same time, the Church has rules or precepts which may have been quite effective in their time, but no longer have the same usefulness for directing and shaping people’s lives. ...”

( Apostolic Exhortation Evangelii Gaudium of November 24, 2013, §43 : http://w2.vatican.va/content/francesco/en/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20131124_evangelii-gaudium.html#IV.%E2%80%82A_mission_embodied_within_human_limits )

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“...It is essential to draw near to new forms of poverty and vulnerability, in which we are called to recognize the suffering Christ, even if this appears to bring us no tangible and immediate benefits. I think of the homeless, the addicted, refugees, indigenous peoples, the elderly who are increasingly isolated and abandoned, and many others. Migrants present a particular challenge for me, since I am the pastor of a Church without frontiers, a Church which considers herself mother to all. For this reason, I exhort all countries to a generous openness which, rather than fearing the loss of local identity, will prove capable of creating new forms of cultural synthesis. ...”

( Apostolic exhortation Evangelii Gaudium, November 24, 2013, § 210 : http://w2.vatican.va/content/francesco/en/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20131124_evangelii-gaudium.html#Concern_for_the_vulnerable )

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“...God continues to work among the people of the Old Covenant and to bring forth treasures of wisdom which flow from their encounter with his word. For this reason, the Church also is enriched when she receives the values of Judaism. ...”

( Apostolic Exhortation Evangelii Gaudium of 24 November 2013, §249: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20131124_evangelii-gaudium.html#Interreligious_dialogue )

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“...There are times when the faithful, in listening to completely orthodox language, take away something alien to the authentic Gospel of Jesus Christ, because that language is alien to their own way of speaking to and understanding one another. With the holy intent of communicating the truth about God and humanity, we sometimes give them a false god or a human ideal which is not really Christian. In this way, we hold fast to a formulation while failing to convey its substance. This is the greatest danger. ...”

( Apostolic exhortation Evangelii Gaudium, November 24, 2013, § 222: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20131124_evangelii-gaudium.html )

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“...A constant tension exists between fullness and limitation. Fullness evokes the desire for complete possession, while limitation is a wall set before us. Broadly speaking, “time” has to do with fullness as an expression of the horizon which constantly opens before us, while each individual moment has to do with limitation as an expression of enclosure. People live poised between each individual moment and the greater, brighter horizon of the utopian future as the final cause which draws us to itself. Here we see a first principle for progress in building a people: time is greater than space. ...”

( Apostolic exhortation Evangelii Gaudium, November 24, 2013, § 222 : http://w2.vatican.va/content/francesco/en/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20131124_evangelii-gaudium.html )

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“...Non-Christians, by God’s gracious initiative, when they are faithful to their own consciences, can live ‘justified by the grace of God,’ and thus be ‘associated to the paschal mystery of Jesus Christ.’ But due to the sacramental dimension of sanctifying grace, God’s working in them tends to produce signs and rites, sacred expressions which in turn bring others to a communitarian experience of journeying towards God. While these lack the meaning and efficacy of the sacraments instituted by Christ, they can be channels which the Holy Spirit raises up in order to liberate non-Christians from atheistic immanentism or from purely individual religious experiences. The same Spirit everywhere brings forth various forms of practical wisdom which help people to bear suffering and to live in greater peace and harmony. As Christians, we can also benefit from these treasures built up over many centuries, which can help us better to live our own beliefs. ...”

( Apostolic exhortation Evangelii Gaudium, November 24, 2013, § 210 : http://w2.vatican.va/content/francesco/en/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20131124_evangelii-gaudium.html#Concern_for_the_vulnerable )

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“...He who does not sin is not human. ...”

( Wake Up the World! Conversation with Pope Francis about the Religious Life by Antonio Spadaro, S.J., published by Civiltà Cattolica: http://www.laciviltacattolica.it/articoli_download/extra/Wake_up_the_world.pdf )

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“...I said to her: ‘madam, I think the child’s hungry. . . Please give it something to eat!’ I said. She was shy and didn’t want to breastfeed in public, while the Pope was passing. I wish to say the same to humanity: give people something to eat! That woman had milk to give to her child; we have enough food in the world to feed everyone. ...”

( Interview with the journals La Stampa and Vatican Insider on December 10, 2013: http://vaticaninsider.lastampa.it/en/the-vatican/detail/articolo/30620/ )

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“...he was silent, but in Her heart, how many things did she tell the Lord! ‘You, that day - this is what we read - told me that He would be great; You told me that you would give Him the Throne of David, His father, that He would reign forever and now I see him there! ’ Our Lady was human! And perhaps she had the urge to say: ‘Lies! I was deceived! ...”

( Homily at Casa Santa Marta, December 20, 2013: http://www.zenit.org/en/articles/pope-francis-silence-reveals-the-mystery-of-god-s-plan )

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2014-10-23 - Ansprache an eine Delegation des AIDP (Internationale Strafrechtsgesellschaft)
ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN EINE DELEGATION DER INTERNATIONALEN
STRAFRECHTSGESELLSCHAFT (AIDP)
im Saal der Päpste am Donnerstag, 23. Oktober 2014

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Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich begrüße Sie alle sehr herzlich und möchte Ihnen meinen persönlichen Dank zum Ausdruck bringen für Ihren Dienst an der Gesellschaft und für Ihren wertvollen Beitrag zur Entwicklung einer Justiz, die die Würde und die Rechte der menschlichen Person achtet, ohne Diskriminierungen. Ich möchte einige Überlegungen zu bestimmten Fragen mit Ihnen teilen, die zwar teilweise diskutierbar sind – teilweise! –, die Würde der menschlichen Person jedoch unmittelbar betreffen und daher an die Kirche in ihrer Sendung zur Evangelisierung, zur Förderung des Menschen, zum Dienst an Gerechtigkeit und Frieden appellieren.

Ich werde dies zusammenfassend und in Kapitel unterteilt tun, in einem eher knapp darlegenden und schematischen Stil.

Einleitung

Zunächst möchte ich zwei Vorbemerkungen soziologischer Natur machen, die die Anstiftung zur Rache und den Strafrechtspopulismus betreffen.

a) Anstiftung zur Rache

In der Mythologie sowie in den primitiven Gesellschaften entdeckt die Menge die unheilbringenden Kräfte ihrer Todesopfer, die beschuldigt werden, das Unglück, das über die Gemeinschaft gekommen ist, herbeigeführt zu haben. Diese Dynamik gibt es auch in den modernen Gesellschaften. Die Wirklichkeit zeigt, dass das Vorhandensein von Rechtsmitteln und politischen Maßnahmen, die notwendig sind, um Konflikten zu begegnen und sie zu lösen, keine ausreichenden Garantien bietet, um zu vermeiden, dass einigen Individuen die Schuld an den Problemen aller zugewiesen wird.

Das gemeinsame Leben, das um organisierte Gemeinschaften herum strukturiert ist, braucht Regeln für das Zusammenleben, deren vorsätzliche Verletzung eine angemessene Antwort verlangt. Dennoch leben wir in Zeiten, in denen sowohl durch einige Sektoren der Politik als auch von Seiten einiger Kommunikationsmittel manchmal zu Gewalt und Rache – in öffentlicher oder in privater Form – angestiftet wird, nicht nur gegen jene, die für Verbrechen verantwortlich sind, sondern auch gegen jene, auf die der – begründete oder unbegründete – Verdacht fällt, das Gesetz übertreten zu haben.

b) Strafrechtspopulismus

In diesem Zusammenhang hat sich in den letzten Jahrzehnten die Überzeugung verbreitet, dass sich durch öffentliche Strafe die verschiedensten sozialen Probleme lösen lassen, so, als würde für die unterschiedlichsten Krankheiten dieselbe Medizin verabreicht. Es handelt sich nicht um Vertrauen in eine soziale Funktion, die traditionell der öffentlichen Strafe zuerkannt wird, sondern vielmehr um die Auffassung, dass durch eine solche Strafe jenes Wohl erlangt werden könne, das eigentlich die Umsetzung einer anderen Form der Sozial- und Wirtschaftspolitik sowie eine Politik der gesellschaftlichen Integration erfordern würde.

Man sucht nicht nur nach Sündenböcken, die mit ihrer Freiheit und mit ihrem Leben für alle gesellschaftlichen Missstände bezahlen, wie es in den primitiven Gesellschaften üblich war. Vielmehr gibt es darüber hinaus zuweilen die Tendenz, absichtlich Feindbilder aufzubauen: Klischeegestalten, die all jene Merkmale in sich vereinen, die die Gesellschaft als bedrohlich wahrnimmt oder interpretiert. Dieselben Mechanismen, die zur Herausbildung dieser Bilder führen, haben seinerzeit die Verbreitung rassistischer Ideen gestattetet.

I. Strafvollzugssysteme außer Kontrolle und die Sendung der Juristen

Das Leitprinzip der »cautela in poenam«

Nach diesem Stand der Dinge geht der Strafvollzug über seine eigentliche sanktionierende Funktion hinaus und berührt den Bereich der Freiheiten und Rechte der Personen, vor allem der schwächeren, im Namen einer präventiven Zielsetzung, deren Wirksamkeit bisher nicht nachgewiesen werden konnte, nicht einmal für die schwersten Strafen, wie die Todesstrafe. Es besteht die Gefahr, nicht einmal die Verhältnismäßigkeit der Strafen zu wahren, die historisch die Skala der vom Staat geschützten Rechte widerspiegelt.

Nachgelassen hat auch die Auffassung vom Strafrecht als »ultima ratio«, von der Strafe als dem letzten Mittel, auf das zurückgegriffen wird und das auf schwerste Vergehen gegen die schützenswertesten individuellen und kollektiven Interessen begrenzt ist. Ebenso ist die Debatte über die Ersetzung der Gefängnisstrafe durch andere Strafmaßnahmen abgeflaut. In diesem Zusammenhang kann die Sendung der Juristen nur darin bestehen, diese Tendenzen zu beschränken und einzudämmen. Das ist eine schwierige Aufgabe in Zeiten, in denen viele Richter und Mitarbeiter des Strafvollzugs ihrer Aufgabe unter dem Druck der Massenkommunikationsmittel, einiger skrupelloser Politiker sowie des sich in die Gesellschaft einschleichenden Rachetriebs nachkommen müssen. Alle, die eine so große Verantwortung tragen, sind aufgefordert, ihre Pflicht zu erfüllen, da, wenn sie es nicht tun, das Leben von Menschen in Gefahr gebracht wird, für das mit größerem Einsatz Sorge getragen werden muss als dies zuweilen bei der Ausübung der eigenen Funktionen der Fall ist.

II. Über den Primat des Lebens und die Würde der menschlichen Person. »Primatus principii pro homine«

a) Über die Todesstrafe

Es ist unvorstellbar, dass die Staaten heute nicht über andere Mittel verfügen als die Todesstrafe, um das Leben anderer Menschen vor ungerechten Angreifern zu schützen. Der heilige Johannes Paul II. hat die Todesstrafe ebenso verurteilt (vgl. Enzyklika Evangelium vitae, 56) wie der Katechismus der Katholischen Kirche (Nr. 2267). Dennoch kann es vorkommen, dass die Staaten Leben nicht nur durch die Todesstrafe oder durch Kriege auslöschen, sondern auch dann, wenn öffentliche Amtsträger im Schatten der staatlichen Autoritäten Zuflucht suchen, um ihre Verbrechen zu rechtfertigen. Die sogenannten außergerichtlichen oder extralegalen Hinrichtungen sind vorsätzliche Morde, die von einigen Staaten und ihren Vertretern begangen werden; oft gehen sie als Auseinandersetzungen mit Verbrechern durch oder werden als unerwünschte Folgen des vernünftigen, notwendigen und angemessenen Gebrauchs von Gewalt zur Durchsetzung des Gesetzes dargestellt. Auf diese Weise wird die Todesstrafe – auch wenn von den 60 Ländern, in denen sie aufrechterhalten wird, 35 sie in den letzten zehn Jahren nicht angewandt haben – illegal in unterschiedlichem Ausmaß auf dem gesamten Planeten angewandt.

Dieselben außergerichtlichen Hinrichtungen werden in systematischer Form nicht nur von den Staaten der internationalen Gemeinschaft durchgeführt, sondern auch von Körperschaften, die nicht als solche anerkannt sind, und stellen echte Verbrechen dar. Es gibt zahlreiche wohlbekannte Argumente gegen die Todesstrafe. Die Kirche hat es für richtig befunden, einige davon hervorzuheben, wie die Möglichkeit eines Justizirrtums und den Gebrauch, den totalitäre und diktatorische Regime von ihr machen, die sie als Mittel zur Unterdrückung politischer Opposition oder zur Verfolgung religiöser und kultureller Minderheiten einsetzen; all ihre Opfer sind ihrer jeweiligen Gesetzgebung zufolge »Verbrecher«.

Alle Christen und Menschen guten Willens sind daher heute aufgerufen, nicht nur für die Abschaffung der Todesstrafe – ganz gleich, ob diese legal oder illegal ist – in allen ihren Formen, sondern auch für die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Gefängnissen zu kämpfen, unter Achtung der Menschenwürde der Personen, denen die Freiheit entzogen ist. Und dies verbinde ich mit der lebenslangen Freiheitsstrafe. Im Vatikan, im Strafgesetzbuch des Vatikans, ist die lebenslange Freiheitsstrafe seit Kurzem nicht mehr vorhanden. Die lebenslange Freiheitsstrafe ist eine versteckte Todesstrafe.

b) Über die Haftbedingungen, die Inhaftierten ohne Verurteilung und die Verurteilten ohne Urteil.

Das sind keine Märchen: Das wissen Sie sehr gut. Die Vorbeugehaft – wenn sie missbräuchlich dazu führt, die Strafe vor der Verurteilung vorauszunehmen, oder als Maßnahme, die angesichts eines mehr oder weniger begründeten Verdachts auf eine begangene Straftat angewandt wird – ist eine weitere gegenwärtige Form verborgener unrechtmäßiger Strafe, auch wenn sie einen Anstrich von Legalität besitzt.

Diese Situation ist besonders schwerwiegend in einigen Ländern und Regionen der Welt, wo die Zahl der Inhaftierten ohne Verurteilung über 50 Prozent der Gesamtzahl ausmacht. Dieses Phänomen trägt zu einer noch weiteren Verschlechterung der Haftbedingungen bei, und der Bau neuer Gefängnisse kann in dieser Situation niemals zu einer Lösung führen, da die Kapazität eines jeden neuen Gefängnisses bereits erschöpft ist, bevor es überhaupt eröffnet wird. Außerdem führt es zu einer unrechtmäßigen Verwendung von Polizei- oder Militärstationen als Orten der Inhaftierung.

Dem Problem der Inhaftierten ohne Verurteilung muss mit gebührender Umsicht begegnet werden, da man Gefahr läuft, ein weiteres Problem zu schaffen, das ebenso schwerwiegend ist wie das erste, wenn nicht sogar noch schlimmer: das Problem der Gefangenen ohne Urteil, die ohne Beachtung der Verfahrensregeln verurteilt wurden.

Die erbärmlichen Haftbedingungen, die in einigen Teilen der Welt herrschen, stellen oft eine wirklich unmenschliche und erniedrigende Behandlung dar, oftmals hervorgerufen von Mängeln im Strafvollzug oder vom Mangel an Infrastruktur und Planung. In nicht wenigen Fällen sind sie auch nichts anderes als das Ergebnis willkürlicher und gnadenloser Machtausübung über Menschen, die ihrer Freiheit beraubt wurden.

c) Über die Folter und andere grausame, unmenschliche und erniedrigende Maßnahmen und Strafen

Das Adjektiv »grausam«; dem von mir Erwähnten liegt stets diese Wurzel zugrunde: die menschliche Fähigkeit zur Grausamkeit. Das ist ein Leiden, ein wahres Leiden! Eine Form der Folter ist jene, die zuweilen durch die Inhaftierung in Hochsicherheitsgefängnissen angewandt wird. Mit der Begründung, der Gesellschaft größere Sicherheit oder gewissen Kategorien von Häftlingen eine besondere Behandlung zu bieten, besteht ihr Hauptmerkmal in nichts anderem als der Isolierung von der Außenwelt. Wie die von verschiedenen Menschenrechtsorganisationen durchgeführten Studien belegen, rufen fehlende Sinnesreize, die völlige Unmöglichkeit der Kommunikation und das Fehlen von Kontakten zu anderen Menschen psychische und physische Leiden hervor, wie Paranoia, Angstzustände, Depression und Gewichtsverlust, und lassen die Neigung zum Selbstmord spürbar steigen.

Dieses Phänomen, das für die Hochsicherheitsgefängnisse kennzeichnend ist, tritt auch in anderen Arten von Justizvollzugsanstalten auf, zusammen mit anderen Formen physischer und psychischer Folter, deren Anwendung verbreitet ist. Die Folter wird nicht mehr nur als Mittel angewandt, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, wie ein Geständnis oder die Denunziation – Praktiken, die für die Doktrin der nationalen Sicherheit kennzeichnend sind –, sondern sie stellen einen echten zusätzlichen Schmerz dar, der zu den Übeln, die die Inhaftierung mit sich bringt, noch hinzukommt. Auf diese Weise wird nicht nur in geheimen Internierungs- oder modernen Konzentrationslagern gefoltert, sondern auch in Gefängnissen, Jugendstrafanstalten, psychiatrischen Kliniken, Kommissariaten und anderen Strafanstalten.

Die Strafrechtslehre trägt in diesem Rahmen eine wichtige Verantwortung, da sie die Legitimierung der Folter in bestimmten Fällen unter bestimmten Voraussetzungen gestattet und so den Weg zu weiterem und noch größerem Missbrauch geöffnet hat. Viele Staaten sind auch dafür verantwortlich, die Entführung von Menschen im eigenen Staatsgebiet – auch ihrer eigenen Staatsbürger – durchgeführt oder toleriert zu haben oder die Nutzung ihres Luftraums für einen illegalen Transport zu Gefangenenzentren, in denen die Folter angewandt wird, gestattet zu haben.

Diesem Missbrauch kann nur durch die entschlossene Verpflichtung der internationalen Gemeinschaft auf Anerkennung des Primats des Prinzips »pro homine«, das heißt der alles übersteigenden Würde des Menschen, Einhalt geboten werden.

d) Über die Anwendung von Strafmaßnahmen bei Kindern und alten Menschen sowie gegenüber besonders schwachen Personen

Die Staaten müssen davon Abstand nehmen, Kinder, die ihre Entwicklung zur Reife noch nicht vollendet haben und aus diesem Grund nicht strafmündig sein können, zu bestrafen. Vielmehr müssen diese die Empfänger all jener Privilegien sein, die der Staat anbieten kann, sowohl in Bezug auf Integrationsmaßnahmen als auch Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, die Achtung des Lebens und der Rechte der Anderen in ihnen wachsen zu lassen.

Die alten Menschen ihrerseits können von ihren eigenen Fehlern ausgehend die übrige Gesellschaft etwas lehren. Man lernt nicht nur aus der Tugend der Heiligen, sondern auch aus den Verfehlungen und Fehlern der Sünder und darunter jener, die aus irgendeinem Grund gefallen sind und Verbrechen begangen haben. Außerdem verdienen Erwachsene fortgeschrittenen Alters aus humanitären Gründen eine besondere Behandlung, ebenso wie schwer kranke oder todkranke Menschen, schwangere Frauen, behinderte Personen sowie Mütter und Väter, die für Minderjährige oder Behinderte die alleinige Verantwortung tragen, von der Bestrafung ausgeschlossen sein müssen oder ihr Strafmaß gemindert werden muss."

III. Überlegungen zu einigen Formen der Kriminalität, die der Würde der Person und dem Gemeinwohl schweren Schaden zufügen

Einige Formen der Kriminalität, die von Privatleuten begangen werden, fügen der Würde der Personen und dem Gemeinwohl schweren Schaden zu. Viele dieser Formen von Kriminalität könnten nie begangen werden ohne die Mittäterschaft – in aktiver Form oder in Form der Unterlassung – der öffentlichen Autoritäten.

a) Über das Verbrechen des Menschenhandels

Die Sklaverei, einschließlich des Menschenhandels, ist sowohl vom internationalen Recht als auch von vielen nationalen Gesetzgebungen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und als Kriegsverbrechen anerkannt. Sie ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Und da es nicht möglich ist, ein so komplexes Verbrechen wie den Menschenhandel ohne Mittäterschaft, durch aktives Handeln oder Unterlassung, von Seiten der Staaten zu begehen, ist klar und deutlich, dass, wenn die Bemühungen zur Vorbeugung und Bekämpfung dieses Phänomens nicht ausreichend sind, wir erneut einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegenüberstehen. Mehr noch: Wenn jene, die dafür zuständig sind, die Personen zu schützen und ihre Freiheit zu gewährleisten, zu Mittätern derer werden, die Menschenhandel betreiben, dann sind die Staaten in diesen Fällen haftbar gegenüber ihren Bürgern und der internationalen Gemeinschaft.

Man kann sagen, dass eine Milliarde Menschen in absoluter Armut gefangen sind. Anderthalb Milliarden haben keinen Zugang zu sanitären Anlagen, Trinkwasser, Elektrizität, Grundschulbildung oder dem Gesundheitssystem und müssen wirtschaftliche Entbehrungen ertragen, die mit einem menschenwürdigen Leben unvereinbar sind (Weltentwicklungsbericht des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNPD) 2014). Auch wenn die Zahl der Menschen, die sich in dieser Lage befinden, in den letzten Jahren abgenommen hat, so hat ihre Schutzlosigkeit zugenommen, da es für sie immer schwerer wird, aus dieser Lage herauszukommen. Grund dafür ist die stetig wachsende Menge von Personen, die in Kriegsgebieten leben. Allein im Jahr 2012 waren 45 Millionen Menschen gezwungen, vor Gewalt oder Verfolgung zu fliehen; 15 Millionen davon sind Asylanten, die höchste Zahl seit 18 Jahren. 70 Prozent dieser Personen sind Frauen. Außerdem wird geschätzt, dass sieben von zehn Menschen in der Welt, die an Hunger sterben, Frauen und Kinder sind (Entwicklungsfonds der Vereinten Nationen für Frauen, UNIFEM).

b) Über das Verbrechen der Korruption

Die skandalöse Konzentration des globalen Reichtums wird ermöglicht durch das Einvernehmen der staatlicher Verantwortungsträger mit den Mächtigen. Die Korruption selbst ist auch ein tödlicher Prozess: Wenn das Leben stirbt, herrscht Verwesung [Das ital. Wort »corruzione« kann sowohl Korruption als auch Verwesung bedeuten]. Kaum etwas ist schwieriger, als in ein korruptes Herz eine Bresche zu schlagen: »So geht es jedem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber vor Gott nicht reich ist« (Lk 12,21). Wenn die persönliche Situation des Korrupten schwierig wird, kennt er alle möglichen Auswege, um sich ihr zu entziehen, wie der unehrliche Verwalter im Evangelium (vgl. Lk 16,1-8).

Der Korrupte nimmt im Leben die Abkürzungen des Opportunismus, mit einer Miene, die sagt: »Das war ich nicht«, und schließlich verinnerlicht er seine Maske des ehrenhaften Menschen. Es ist ein Prozess der Verinnerlichung. Der Korrupte kann keine Kritik annehmen. Er wertet alle ab, die sie vornehmen, und er versucht, jede moralische Autorität, die ihn infrage stellen kann, abzuwerten. Er erkennt den Wert der anderen nicht an und greift mit der Beleidigung alle an, die anders denken. Wenn die Kräfteverhältnisse es zulassen, verfolgt er jeden, der ihm widerspricht.

Die Korruption kommt in einer Atmosphäre des Triumphalismus zum Ausdruck, denn der Korrupte versteht sich als Gewinner. In diesem Umfeld brüstet er sich, um die anderen abzuwerten. Der Korrupte kennt keine Brüderlichkeit oder Freundschaft, sondern nur Komplizenschaft und Feindschaft. Der Korrupte nimmt seine Korruption nicht wahr. Es ist ein wenig wie mit Mundgeruch: Wer ihn hat, bemerkt ihn kaum; die anderen bemerken es und müssen es ihm sagen. Aus diesem Grund kann der Korrupte nur schwer durch innere Gewissensbisse aus seinem Zustand herauskommen.

Die Korruption ist ein größeres Übel als die Sünde. Dieses Übel muss eher geheilt als vergeben werden. Die Korruption ist normal geworden; sie stellt mittlerweile sogar schon einen persönlichen und gesellschaftlichen Zustand dar, der Brauch und Sitte geworden ist, eine übliche Vorgehensweise bei Handels- und Finanzgeschäften, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, bei allen Verhandlungen, an denen Staatsvertreter beteiligt sind. Es ist der Sieg des Scheins über die Wirklichkeit und der schamlosen Dreistigkeit über die ehrenhafte Zurückhaltung. Dennoch wird der Herr nicht müde, an die Türen der Korrupten zu klopfen. Die Korruption kann nichts gegen die Hoffnung ausrichten.

Was kann das Strafrecht gegen die Korruption tun? Es gibt bereits viele internationale Vereinbarungen und Abkommen in diesem Bereich, und die Straftatbestände, die darauf abzielen, nicht so sehr die Bürger, die letztlich die eigentlichen Opfer sind – insbesondere die Schwächsten –, sondern die Interessen der Mitarbeiter der Wirtschafts- und Finanzmärkte zu schützen, haben stark zugenommen.

Der Strafvollzug ist selektiv. Er gleicht einem Netz, das nur die kleinen Fische fängt und die großen frei im Meer lässt. Die Formen der Korruption, die mit größter Strenge verfolgt werden müssen, sind jene, die schwere soziale Schäden anrichten, sowohl im wirtschaftlichen als auch im sozialen Bereich – wie zum Beispiel schwerwiegender Betrug gegenüber der öffentlichen Verwaltung oder unlautere Handhabung der Verwaltung – wie bei jeder Art von Hindernis, das der Justiz in den Weg gelegt wird in der Absicht, Straffreiheit für eigene Vergehen oder die Dritter zu erlangen.

Schluss

Umsicht bei der Strafverhängung muss der Grundsatz sein, der den Strafvollzug trägt, und die volle Gültigkeit und Durchführung des Prinzips »pro homine« soll garantieren, dass die Staaten – rechtlich oder faktisch – nicht befähigt werden, die Achtung der Würde des Menschen irgendeinem anderen Ziel unterzuordnen, auch wenn daraus irgendeine Art von sozialem Nutzen erwachsen sollte. Die Achtung der Menschenwürde soll nicht nur zur Beschränkung von Willkür und Maßlosigkeit von Seiten der Staatsvertreter dienen, sondern als Orientierungsmaßstab zur Verfolgung und Ausmerzung jener Verhaltensweisen, die schwerste Angriffe auf die Würde und die Unversehrtheit der menschlichen Person darstellen.

Liebe Freunde, ich danke Ihnen erneut für diese Begegnung, und ich versichere Ihnen, dass ich auch weiterhin Ihrer anspruchsvollen Arbeit im Dienst des Menschen im Bereich der Justiz nahe sein werde. Zweifellos ist dies für jene unter Ihnen, die berufen sind, die christliche Berufung der eigenen Taufe zu leben, ein wichtiger Bereich, um die Welt mit dem Evangelium zu beseelen.

Alle, auch jene unter Ihnen, die keine Christen sind, brauchen in jedem Fall die Hilfe Gottes, Quelle jeder Vernunft und Gerechtigkeit. Ich rufe daher auf einen jeden von Ihnen auf die Fürsprache der Jungfrau Maria das Licht und die Kraft des Heiligen Geistes herab.

Ich segne Sie von Herzen, und ich bitte Sie, für mich zu beten.

Danke.

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Quelle Internet Link ==> http://tinyurl.com/q2pv5jq

2014-11-25 - Ansprache an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments
Straßburg, 25. November 2014

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Herr Präsident,
meine Damen und Herren Vizepräsidenten,
verehrte Europaabgeordnete
und alle, die in den verschiedenen Arbeitsbereichen dieser Einrichtung tätig sind,
liebe Freunde,

ich danke Ihnen für die Einladung, vor dieser Institution, die für das Leben der Europäischen Union grundlegend ist, das Wort zu ergreifen, und für die Gelegenheit, die Sie mir bieten, mich über Sie an die über fünfhundert Millionen Bürger zu wenden, die Sie in den 28 Mitgliedsstaaten vertreten. Meinen besonderen Dank möchte ich Ihnen, Herr Parlamentspräsident, ausdrücken für die freundlichen Worte, mit denen Sie mich im Namen aller Mitglieder der Versammlung willkommen geheißen haben.
Mein Besuch findet in einem zeitlichen Abstand von mehr als einem Vierteljahrhundert nach dem von Papst Johannes Paul II. statt. Vieles hat sich seit jenen Tagen in Europa und in der ganzen Welt verändert. Es existieren nicht mehr die gegensätzlichen Blöcke, die damals den Kontinent in zwei Teile teilten, und langsam erfüllt sich der Wunsch, dass „Europa sich souverän freie Institutionen gibt und eines Tages sich in die Dimensionen entfalten kann, die die Geografie und mehr noch die Geschichte ihm gegeben haben“. (Johannes Paul II., Ansprache an das Europaparlament, 11. Oktober 1988, 5.)
Neben einer weiträumigeren Europäischen Union gibt es auch eine Welt, die komplexer geworden und stark in Bewegung ist. Eine Welt, die immer stärker vernetzt und global und daher auch immer weniger „eurozentrisch“ ist. Einer ausgedehnteren, einflussreicheren Union scheint sich jedoch das Bild eines etwas gealterten und erdrückten Europas zuzugesellen, das dazu neigt, sich in einem Kontext, der es oft nüchtern, misstrauisch und manchmal sogar argwöhnisch betrachtet, weniger als Protagonist zu fühlen.

Indem ich mich heute an Sie wende, möchte ich aufgrund meiner Berufung zum Hirten an alle europäischen Bürger eine Botschaft der Hoffnung und der Ermutigung richten.
Eine Botschaft der Hoffnung, die auf der Zuversicht beruht, dass die Schwierigkeiten zu machtvollen Förderern der Einheit werden können, um alle Ängste zu überwinden, die Europa – gemeinsam mit der ganzen Welt – durchlebt. Eine Hoffnung auf den Herrn, der das Böse in Gutes und den Tod in Leben verwandelt.

Eine Ermutigung, zur festen Überzeugung der Gründungsväter der europäischen Union zurückzukehren, die sich eine Zukunft wünschten, die auf der Fähigkeit basiert, gemeinsam zu arbeiten, um die Teilungen zu überwinden und den Frieden und die Gemeinschaft unter allen Völkern des Kontinentes zu fördern. Im Mittelpunkt dieses ehrgeizigen politischen Planes stand das Vertrauen auf den Menschen, und zwar weniger als Bürger und auch nicht als wirtschaftliches Subjekt, sondern auf den Menschen als eine mit transzendenter Würde begabte Person.

Es liegt mir vor allem daran, die enge Verbindung hervorzuheben, die zwischen diesen beiden Worten besteht: „Würde“ und „transzendent“.

Die „Würde“ ist das Schlüsselwort, das den Aufschwung der zweiten Nachkriegszeit charakterisiert hat. Unsere jüngere Geschichte zeichnet sich dadurch aus, dass die Förderung der Menschenwürde zweifellos ein zentrales Anliegen war gegen die vielfältige Gewalt und die Diskriminierungen, an denen es im Laufe der Jahrhunderte auch in Europa nicht gefehlt hat. Das Wahrnehmungsvermögen für die Bedeutung der Menschenrechte entsteht gerade als Ergebnis eines langen, auch aus mannigfachen Leiden und Opfern bestehenden Weges, der dazu beigetragen hat, das Bewusstsein für die Kostbarkeit, Einzigkeit und Unwiederholbarkeit jedes einzelnen Menschen heranzubilden. Dieses kulturelle Bewusstsein hat seine Grundlage nicht nur in den Ereignissen der Geschichte, sondern vor allem im europäischen Denken, das gekennzeichnet ist durch ein reichhaltiges Zusammenfließen, dessen vielfältige, weit zurückliegende Quellgründe „aus Griechenland und aus Rom, aus keltischem, germanischem und slawischem Boden und aus dem Christentum [stammen], das sie tief geprägt hat“ (Johannes Paul II., Ansprache an die Parlamentarische Versammlung des Europarates, Straßburg, 8. Oktober 1988, 3.) und so zu der Idee der „Person“ führte.
Heute spielt die Förderung der Menschenrechte eine zentrale Rolle im Engagement der Europäischen Union, mit dem Ziel, die Würde der Person zu stützen, sowohl innerhalb Europas als auch in der Beziehung zu den anderen Ländern. Es handelt sich um ein wichtiges und bewundernswertes Engagement, denn es bestehen immer noch zu viele Situationen, in denen Menschen wie Objekte behandelt werden, deren Empfängnis, Gestaltung und Brauchbarkeit man programmieren und sie dann wegwerfen kann, wenn sie nicht mehr nützlich sind, weil sie schwach, krank oder alt geworden sind.

In der Tat, welche Würde besteht, wenn die Möglichkeit fehlt, frei die eigene Meinung zu äußern oder ohne Zwang den eigenen Glauben zu bekennen? Welche Würde ist möglich ohne einen klaren juristischen Rahmen, der die Gewaltherrschaft begrenzt und das Gesetz über die Tyrannei der Macht siegen lässt? Welche Würde kann jemals ein Mensch haben, der zum Gegenstand von Diskriminierung aller Art gemacht wird? Welche Würde soll jemals einer finden, der keine Nahrung bzw. das Allernotwendigste zum Leben hat und – schlimmer noch – dem die Arbeit fehlt, die ihm Würde verleiht?

Die Würde des Menschen zu fördern, bedeutet anzuerkennen, dass er unveräußerliche Rechte besitzt, deren er nicht nach Belieben und noch weniger zugunsten wirtschaftlicher Interessen von irgendjemandem beraubt werden kann.

Man muss aber Acht geben, nicht Missverständnissen zu verfallen, die aus einem falschen Verständnis des Begriffes Menschenrechte und deren widersinnigem Gebrauch hervorgehen. Es gibt nämlich heute die Tendenz zu einer immer weiter reichenden Beanspruchung der individuellen Rechte, hinter der sich ein aus jedem sozialen und anthropologischen Zusammenhang herausgelöstes Bild des Menschen verbirgt, der gleichsam als „Monade“ (μονάς) zunehmend unsensibel wird für die anderen „Monaden“ in seiner Umgebung. Mit der Vorstellung des Rechtes scheint die ebenso wesentliche und ergänzende der Pflicht nicht mehr verbunden zu sein, so dass man schließlich die Rechte des Einzelnen behauptet, ohne zu berücksichtigen, dass jeder Mensch in einen sozialen Kontext eingebunden ist, in dem seine Rechte und Pflichten mit denen der anderen und zum Gemeinwohl der Gesellschaft selbst verknüpft sind.

Ich meine daher, dass es überaus wichtig ist, heute eine Kultur der Menschenrechte zu vertiefen, die weise die individuelle, oder besser die persönliche Dimension mit der des Gemeinwohls – mit jenem „’Wir alle’, das aus Einzelnen, Familien und kleineren Gruppen gebildet wird, die sich zu einer sozialen Gemeinschaft zusammenschließen“ (Benedikt XVI., Enzyklika Caritas in veritate, 7; vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Past. Konst. Gaudium et spes, 26.) – zu verbinden versteht. Wenn nämlich das Recht eines jeden nicht harmonisch auf das größere Wohl hin ausgerichtet ist, wird es schließlich als unbegrenzt aufgefasst und damit zur Quelle von Konflikten und Gewalt.

Von der transzendenten Würde des Menschen zu sprechen, bedeutet also, sich auf seine Natur zu berufen, auf seine angeborene Fähigkeit, Gut und Böse zu unterscheiden, auf jenen „Kompass“, der in unsere Herzen eingeschrieben ist und den Gott dem geschaffenen Universum eingeprägt hat. (Vgl. Kompendium der Soziallehre der Kirche, 37.) Vor allem bedeutet es, den Menschen nicht als ein Absolutes zu betrachten, sondern als ein relationales Wesen. Eine der Krankheiten, die ich heute in Europa am meisten verbreitet sehe, ist die besondere Einsamkeit dessen, der keine Bindungen hat. Das wird speziell sichtbar bei den alten Menschen, die oft ihrem Schicksal überlassen sind, wie auch bei den Jugendlichen, die keine Bezugspunkte und keine Zukunfts-Chancen haben; es wird sichtbar bei den vielen Armen, die unsere Städte bevölkern; es wird sichtbar in dem verlorenen Blick der Migranten, die hierhergekommen sind, auf der Suche nach einer besseren Zukunft.

Diese Einsamkeit ist dann durch die Wirtschaftskrise verschärft worden, deren Wirkungen noch andauern mit Konsequenzen, die unter gesellschaftlichem Gesichtspunkt dramatisch sind. Zudem kann man feststellen, dass im Laufe der letzten Jahre mit dem Prozess der Erweiterung der Europäischen Union eine Steigerung des Misstrauens der Bürger gegenüber Institutionen einhergeht, die als fern betrachtet werden, damit beschäftigt, Regeln aufzustellen, die als weitab von der Sensibilität der einzelnen Völker, wenn nicht sogar als schädlich wahrgenommen werden. Von mehreren Seiten aus gewinnt man den Gesamteindruck der Müdigkeit und der Alterung, die Impression eines Europas, das Großmutter und nicht mehr fruchtbar und lebendig ist. Demnach scheinen die großen Ideale, die Europa inspiriert haben, ihre Anziehungskraft verloren zu haben zugunsten von bürokratischen Verwaltungsapparaten seiner Institutionen.

Dazu kommen einige etwas egoistische Lebensstile, die durch einen mittlerweile unhaltbaren Überfluss gekennzeichnet und oft ihrer Umgebung, vor allem den Ärmsten gegenüber gleichgültig sind. Mit Bedauern ist festzustellen, dass im Mittelpunkt der politischen Debatte technische und wirtschaftliche Fragen vorherrschen auf Kosten einer authentischen anthropologischen Orientierung. (Vgl. Evangelii gaudium, 55.) Der Mensch ist in Gefahr, zu einem bloßen Räderwerk in einem Mechanismus herabgewürdigt zu werden, der ihn nach dem Maß eines zu gebrauchenden Konsumgutes behandelt, so dass er – wie wir leider oft beobachten – wenn das Leben diesem Mechanismus nicht mehr zweckdienlich ist, ohne viel Bedenken ausgesondert wird, wie im Fall der Kranken im Endstadium, der verlassenen Alten ohne Pflege oder der Kinder, die vor der Geburt getötet werden.

Es ist das große Missverständnis, das geschieht, „wenn sich die Verabsolutierung der Technik durchsetzt“, (Benedikt XVI., Caritas in veritate, 71.) die schließlich zu einer »Verwechslung von Zielen und Mitteln“ (Ebd.) führt. Das ist ein unvermeidliches Ergebnis der „Wegwerf-Kultur“ und des „hemmungslosen Konsumismus“. Dagegen bedeutet die Menschenwürde zu behaupten, die Kostbarkeit des menschlichen Lebens zu erkennen, das uns unentgeltlich geschenkt ist und deshalb nicht Gegenstand von Tausch oder Verkauf sein kann. Sie sind in Ihrer Berufung als Parlamentarier auch zu einer großen Aufgabe ausersehen, die vielleicht unnütz erscheinen mag: sich der Gebrechlichkeit der Völker und der einzelnen Menschen anzunehmen. Sich der Gebrechlichkeit anzunehmen bedeutet Kraft und Zärtlichkeit, bedeutet Kampf und Fruchtbarkeit inmitten eines funktionellen und privatistischen Modells, das unweigerlich zur „Wegwerf-Kultur“ führt. Sich der Gebrechlichkeit der Menschen und der Völker anzunehmen bedeutet, das Gedächtnis und die Hoffnung zu bewahren; es bedeutet, die Gegenwart in ihrer nebensächlichsten und am meisten beängstigenden Situation auf sich zu nehmen und fähig zu sein, sie mit Würde zu salben. (Vgl. Evangelii gaudium, 209.)

Wie kann man also der Zukunft wieder Hoffnung verleihen, so dass – angefangen bei den jungen Generationen – das Vertrauen wiedergewonnen wird, das große Ideal eines vereinten und friedvollen, kreativen und unternehmungsfreudigen Europas zu verfolgen, das die Rechte achtet und sich der eigenen Pflichten bewusst ist?

Um diese Frage zu beantworten, gestatten Sie mir, auf ein Bild zurückzugreifen. Eine der berühmtesten Fresken Raffaels im Vatikan stellt die sogenannte Schule von Athen dar. In ihrem Mittelpunkt stehen Platon und Aristoteles. Der erste deutet mit dem Finger nach oben, zur Welt der Ideen, zum Himmel, könnten wir sagen; der zweite streckt die Hand nach vorne, auf den Betrachter zu, zur Erde, der konkreten Wirklichkeit. Das scheint mir ein Bild zu sein, das Europa und seine Geschichte gut beschreibt, die aus der fortwährenden Begegnung zwischen Himmel und Erde besteht, wobei der Himmel die Öffnung zum Transzendenten, zu Gott beschreibt, die den europäischen Menschen immer gekennzeichnet hat, und die Erde seine praktische und konkrete Fähigkeit darstellt, die Situationen und Probleme anzugehen.

Die Zukunft Europas hängt von der Wiederentdeckung der lebendigen und untrennbaren Verknüpfung dieser beiden Elemente ab. Ein Europa, das nicht mehr fähig ist, sich der transzendenten Dimension des Lebens zu öffnen, ist ein Europa, das in Gefahr gerät, allmählich seine Seele zu verlieren und auch jenen „humanistischen Geist“, den es doch liebt und verteidigt.

Gerade ausgehend von der Notwendigkeit einer Öffnung zum Transzendenten möchte ich die Zentralität des Menschen bekräftigen, der andernfalls zum Spielball der Moden und der jeweiligen Mächte wird. In diesem Sinne halte ich nicht nur das Erbe, welches das Christentum in der Vergangenheit der soziokulturellen Gestaltung des Kontinentes überlassen hat, für grundlegend, sondern vor allem den Beitrag, den es heute und in der Zukunft zu dessen Wachstum zu leisten gedenkt. Dieser Beitrag stellt nicht eine Gefahr für die Laizität der Staaten und für die Unabhängigkeit der Einrichtungen der Union dar, sondern eine Bereicherung. Das zeigen uns die Ideale, die Europa von Anfang an geformt haben, wie der Friede, die Subsidiarität und die wechselseitige Solidarität – ein Humanismus, in dessen Zentrum die Achtung der Würde der Person steht.

Darum möchte ich erneut die Bereitschaft des Heiligen Stuhls und der katholischen Kirche betonen, durch die Kommission der Europäischen Bischofskonferenzen (COMECE) einen gewinnbringenden, offenen und transparenten Dialog mit den Institutionen der Europäischen Union zu pflegen. Ebenso bin ich überzeugt, dass ein Europa, das fähig ist, sich die eigenen religiösen Wurzeln zunutze zu machen, indem es ihren Reichtum und ihre inneren Möglichkeiten zu ergreifen versteht, auch leichter immun sein kann gegen die vielen Extremismen, die sich in der heutigen Welt verbreiten – auch aufgrund des großen ideellen Vakuums, das wir im sogenannten Westen erleben, denn „es ist gerade die Gottvergessenheit und nicht seine Verherrlichung, die Gewalt erzeugt“. (Benedikt XVI., Ansprache an die Mitglieder des Diplomatischen Korps, 7. Januar 2013.)

Wir können hier die zahlreichen Ungerechtigkeiten und Verfolgungen nicht unerwähnt lassen, die täglich die religiösen und besonders die christlichen Minderheiten in verschiedenen Teilen der Welt treffen. Gemeinschaften und Einzelne, die sich barbarischer Gewalt ausgesetzt sehen: aus ihren Häusern und ihrer Heimat vertrieben; als Sklaven verkauft; getötet, enthauptet, gekreuzigt und lebendig verbrannt – unter dem beschämenden und begünstigenden Schweigen vieler.

Das Motto der Europäischen Union ist Einheit in der Verschiedenheit, doch Einheit bedeutet nicht politische, wirtschaftliche, kulturelle oder gedankliche Uniformität. In Wirklichkeit lebt jede authentische Einheit vom Reichtum der Verschiedenheiten, die sie bilden: wie eine Familie, die umso einiger ist, je mehr jedes ihrer Mitglieder ohne Furcht bis zum Grund es selbst sein kann. In diesem Sinn meine ich, dass Europa eine Familie von Völkern ist, welche die Institutionen der Union als nah empfinden können, falls diese es verstehen, das ersehnte Ideal der Einheit weise mit der je verschiedenen Eigenart eines jeden zu verbinden, indem sie die einzelnen Traditionen zur Geltung bringen, sich der Geschichte und der Wurzeln dieses Kontinents bewusst werden und sich von vielen Manipulationen und Ängsten befreien. Den Menschen ins Zentrum zu setzen bedeutet vor allem zuzulassen, dass er frei sein eigenes Gesicht und seine eigene Kreativität ausdrückt, sowohl auf der Ebene des Einzelnen als auch auf der des Volkes.

Andererseits bilden die Eigenarten eines jeden in dem Maß, wie sie in den Dienst aller gestellt werden, einen echten Reichtum. Man muss sich immer an die besondere Struktur der Europäischen Union erinnern, die auf den Prinzipien der Solidarität und der Subsidiarität gründet, so dass die gegenseitige Hilfe vorherrscht und man, beseelt von gegenseitigem Vertrauen, vorangehen kann.
In dieser Dynamik von Einheit und Eigenart ist Ihnen, meine Damen und Herren Europaabgeordnete, auch die Verantwortung übertragen, die Demokratie der Völker Europas lebendig zu erhalten. Es ist kein Geheimnis, dass eine vereinheitlichende Auffassung der Globalität der Vitalität des demokratischen Systems schadet, indem es dem reichen fruchtbaren und konstruktiven Gegensatz der Organisationen und der politischen Parteien untereinander seine Kraft nimmt. So läuft man Gefahr, im Reich der Idee, des bloßem Wortes, des Bildes, des Sophismus zu leben… und schließlich die Wirklichkeit der Demokratie mit einem neuen politischen Nominalismus zu verwechseln. Die Demokratie in Europa lebendig zu erhalten erfordert, viele „Globalisierungsarten“ zu vermeiden, die die Wirklichkeit verwässern: die engelhaften Purismen, die Totalitarismen des Relativen, die geschichtswidrigen Fundamentalismen, die Ethizismen ohne Güte, die Intellektualismen ohne Weisheit. (Vgl. Evangelii gaudium, 231.)

Die Wirklichkeit der Demokratien lebendig zu erhalten ist eine Herausforderung dieses geschichtlichen Momentes: zu vermeiden, dass ihre reale Kraft – die politische Ausdruckskraft der Völker – verdrängt wird angesichts des Drucks multinationaler nicht universaler Interessen, die sie schwächen und in vereinheitlichende Systeme finanzieller Macht im Dienst von unbekannten Imperien verwandeln. Das ist eine Herausforderung, die Ihnen die Geschichte heute stellt.

Europa Hoffnung geben bedeutet nicht nur die Zentralität des Menschen anzuerkennen, sondern schließt auch ein, seine Begabungen zu fördern. Es geht deshalb darum, in ihn und in die Bereiche zu investieren, in denen seine Talente sich entwickeln und Frucht bringen. Der erste Bereich ist gewiss der der Erziehung, angefangen von der Familie, welche die grundlegende Zelle und ein kostbarer Bestandteil jeder Gesellschaft ist. Die geeinte, fruchtbare und unauflösliche Familie bringt die fundamentalen Elemente mit sich, um Zukunftshoffnung zu geben. Ohne diese Festigkeit baut man letztlich auf Sand, mit schweren gesellschaftlichen Folgen. Andererseits dient die Betonung der Bedeutung der Familie nicht nur dazu, den neuen Generationen Aussichten und Hoffnung zu vermitteln, sondern auch den zahlreichen alten Menschen, die oft gezwungen sind, in Situationen der Einsamkeit und der Verlassenheit zu leben, weil es nicht mehr die Wärme einer häuslichen Gemeinschaft gibt, die imstande ist, sie zu begleiten und zu unterstützen.

Neben der Familie gibt es das Erziehungswesen: Schulen und Universitäten. Die Erziehung darf sich nicht darauf beschränken, eine Ansammlung von technischen Kenntnissen zu vermitteln, sondern muss den äußerst komplexen Wachstumsprozess des Menschen in seiner Ganzheit fördern. Die Jugendlichen von heute verlangen, eine angemessene und vollständige Ausbildung erhalten zu können, um mit Hoffnung in die Zukunft zu schauen und nicht mit Enttäuschung. Zahlreich sind zudem die kreativen Möglichkeiten Europas auf verschiedenen Gebieten der wissenschaftlichen Forschung, von denen einige noch nicht ganz erkundet sind. Man denke beispielsweise nur an die alternativen Energiequellen, deren Entwicklung dem Umweltschutz von großem Nutzen wäre.

Europa hat in einem lobenswerten Einsatz zugunsten der Ökologie immer in der vordersten Reihe gestanden. Diese unsere Erde braucht tatsächlich eine ständige Pflege und Aufmerksamkeit, und jeder trägt eine persönliche Verantwortung in der Bewahrung der Schöpfung, dieses kostbaren Geschenkes, das Gott in die Hände der Menschen gelegt hat. Das bedeutet einerseits, dass die Natur uns zur Verfügung steht, wir uns an ihr freuen und sie in rechter Weise gebrauchen können. Andererseits bedeutet es jedoch, dass wir nicht ihre Herren sind. Hüter, aber nicht Herren. Wir müssen sie deshalb lieben und achten, stattdessen sind wir „oft vom Hochmut des Herrschens, des Besitzens, des Manipulierens, des Ausbeutens geleitet; wir ‚hüten’ sie nicht, wir achten sie nicht, wir betrachten sie nicht als unentgeltliches Geschenk, für das wir Sorge tragen müssen.“ (Papst Franziskus, Generalaudienz, 5. Juni 2013.) Die Umwelt achten bedeutet aber nicht nur, sich darauf zu beschränken, sie nicht zu verderben, sondern auch, sie für das Gute zu nutzen. Ich denke vor allem an den landwirtschaftlichen Sektor, der berufen ist, dem Menschen Unterstützung und Nahrung zu liefern. Es ist nicht tolerierbar, dass Millionen von Menschen in der Welt den Hungertod sterben, während jeden Tag Tonnen von Lebensmitteln von unseren Tischen weggeworfen werden. Außerdem erinnert uns die Achtung gegenüber der Natur daran, dass der Mensch selbst ein grundlegender Teil von ihr ist. Neben der Ökologie der Umwelt bedarf es daher jener Ökologie des Menschen, die in der Achtung der Person besteht, die ich heute in meinen Worten an Sie ins Gedächtnis rufen wollte.

Der zweite Bereich, in dem die Talente des Menschen zur Blüte kommen, ist die Arbeit. Es ist Zeit, die Beschäftigungspolitik zu fördern, vor allem aber ist es notwendig, der Arbeit wieder Würde zu verleihen, indem man auch angemessene Bedingungen für ihre Ausübung gewährleistet. Das schließt einerseits ein, neue Methoden zu finden, um die Flexibilität des Marktes mit der Notwendigkeit von Stabilität und Sicherheit der Arbeitsperspektiven zu verbinden, die für die menschliche Entwicklung der Arbeiter unerlässlich sind. Andererseits bedeutet es, einen angemessenen sozialen Kontext zu begünstigen, der nicht auf die Ausbeutung der Menschen ausgerichtet ist, sondern durch die Arbeit die Möglichkeit garantiert, eine Familie aufzubauen und die Kinder zu erziehen.

Gleichermaßen ist es notwendig, gemeinsam das Migrationsproblem anzugehen. Man kann nicht hinnehmen, dass das Mittelmeer zu einem großen Friedhof wird! Auf den Kähnen, die täglich an den europäischen Küsten landen, sind Männer und Frauen, die Aufnahme und Hilfe brauchen. Das Fehlen gegenseitiger Unterstützung innerhalb der Europäischen Union läuft Gefahr, partikularistische Lösungen des Problems anzuregen, welche die Menschenwürde der Einwanderer nicht berücksichtigen und Sklavenarbeit sowie ständige soziale Spannungen begünstigen. Europa wird imstande sein, die mit der Einwanderung verbundenen Problemkreise zu bewältigen, wenn es versteht, in aller Klarheit die eigene kulturelle Identität vorzulegen und geeignete Gesetze in die Tat umzusetzen, die fähig sind, die Rechte der europäischen Bürger zu schützen und zugleich die Aufnahme der Migranten zu garantieren; wenn es korrekte, mutige und konkrete politische Maßnahmen zu ergreifen versteht, die den Herkunftsländern der Migranten bei der sozio-politischen Entwicklung und bei der Überwindung der internen Konflikte – dem Hauptgrund dieses Phänomens – helfen, anstatt Politik der Eigeninteressen zu betreiben, die diese Konflikte steigert und nährt. Es ist notwendig, auf die Ursachen einzuwirken und nicht nur auf die Folgen.

Herr Präsident, Exzellenzen, meine Damen und Herren Abgeordnete,

das Bewusstsein der eigenen Identität ist auch notwendig, um konstruktiv mit den Staaten zu verhandeln, die gebeten haben, in Zukunft der Union beizutreten. Ich denke vor allem an jene aus dem balkanischen Raum, für die der Eintritt in die Europäische Union dem Friedensideal entsprechen kann, in einer Region, die unter den Konflikten der Vergangenheit so sehr gelitten hat. Und schließlich ist das Bewusstsein der eigenen Identität unerlässlich in den Beziehungen zu den anderen Nachbarländern, besonders zu denen, die ans Mittelmeer grenzen, von denen viele aufgrund innerer Konflikte und unter dem Druck des religiösen Fundamentalismus und des internationalen Terrorismus leiden.

Ihnen, verehrte Mitglieder des Parlaments, kommt als gesetzgebende Instanz die Aufgabe zu, die europäische Identität zu bewahren und wachsen zu lassen, damit die Bürger wieder Vertrauen in die Institutionen der Union und in den Plan des Friedens und der Freundschaft gewinnen, der das Fundament der Union ist. „Je mehr […] die Macht der Menschen wächst, desto mehr weitet sich ihre Verantwortung, sowohl die der Einzelnen wie die der Gemeinschaften.“ (Zweites Vatikanisches Konzil, Past. Konst. Gaudium et spes, 34.) In diesem Wissen appelliere ich daher an Sie, daran zu arbeiten, dass Europa seine gute Seele wiederentdeckt.

Ein anonymer Autor des 2. Jahrhunderts schrieb, dass „die Christen in der Welt das sind, was die Seele im Leib ist“. (Vgl. Brief an Diognet, 6.) Die Aufgabe der Seele ist es, den Leib aufrecht zu erhalten, sein Gewissen und sein geschichtliches Gedächtnis zu sein. Und eine zweitausendjährige Geschichte verbindet Europa mit dem Christentum. Eine Geschichte, die nicht frei von Konflikten und Fehlern, immer aber beseelt war von dem Wunsch, am Guten zu bauen. Das sehen wir an der Schönheit unserer Städte und mehr noch an der Schönheit der vielfältigen Werke der Liebe und des gemeinschaftlichen Aufbaus, die den Kontinent überziehen. Diese Geschichte ist zum großen Teil erst noch zu schreiben. Sie ist unsere Gegenwart und auch unsere Zukunft. Sie ist unsere Identität. Und Europa hat es dringend nötig, sein Gesicht wiederzuentdecken, um – nach dem Geist seiner Gründungsväter – im Frieden und in der Eintracht zu wachsen, denn es selbst ist noch nicht frei von Konflikten.

Liebe Europaabgeordnete,

die Stunde ist gekommen, gemeinsam das Europa aufzubauen, das sich nicht um die Wirtschaft dreht, sondern um die Heiligkeit der menschlichen Person, der unveräußerlichen Werte; das Europa, das mutig seine Vergangenheit umfasst und vertrauensvoll in die Zukunft blickt, um in Fülle und voll Hoffnung seine Gegenwart zu leben.

Es ist der Moment gekommen, den Gedanken eines verängstigten und in sich selbst verkrümmten Europas fallen zu lassen, um ein Europa zu erwecken und zu fördern, das ein Protagonist ist und Träger von Wissenschaft, Kunst, Musik, menschlichen Werten und auch Träger des Glaubens ist.

Das Europa, das den Himmel betrachtet und Ideale verfolgt; das Europa, das auf den Menschen schaut, ihn verteidigt und schützt; das Europa, das auf sicherem, festem Boden voranschreitet, ein kostbarer Bezugspunkt für die gesamte Menschheit!

Danke.

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Seine Heiligkeit Papst Franziskus in Straßburg am 25. November 2014 vor den Abgeordneten des Europäischen Parlaments

(LWT - knkq99r)

Zitate 2014 (engl.)

“...Yesterday, before falling asleep – though not in order to fall asleep! – I read – I re-read Cardinal Kasper’s work, and I would like to thank him, because [in it] I found profound theology, also a serene thought in theology. It is nice to read serene theology. And also, I found that, of which St. Ignatius spoke to us: that sensus Ecclesiae, love for Mother Church. It did me good and I had an idea - and excuse me if I embarrass [Your] Eminence, but the idea is: this is called doing theology while kneeling. ...”

( Intervention during the Extraordinary Consistory of the College of Cardinals on February 21, 2014: http://www.zenit.org/en/articles/pope-s-address-to-consistory-of-cardinals )

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“...I bought flowers, roses. And I went back and began to arrange the coffin well, with flowers …. And I saw the Rosary he [the deceased priest] had in hand … and immediately there came to my mind that thief that we all have inside, no ? And while I fixed the flowers I took hold of the cross of the Rosary, and with some force I detached it. And in that moment I looked at him and I said: ‘Give me half of your mercy.’ I felt something strong which gave me the courage to do this and to make this prayer! ...”

( Meeting with the Roman clergy on March 6, 2014: http://www.zenit.org/en/articles/pope-s-reflection-on-mercy-as-he-meets-with-priests-of-rome )

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“...Inequality is the root of social evil. ...”

( Tweet of April 28, 2014 : https://twitter.com/pontifex/status/460697074585980928 )

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“...There are priests who are more papist than the Pope. ...”

( Advice given over the telephone to an Argentinian woman in April 2014 - A woman who married a divorced man. The Pope advised her to take Communion regardless of her personal situation: http://vaticaninsider.lastampa.it/en/world-news/detail/articolo/francesco-francis-francisco-divorziati-divorced-divorciados-33653/ )

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“...If – for example - tomorrow an expedition of Martians came, and some of them came to us, here... Martians, right? Green, with that long nose and big ears, just like children paint them... And one says, 'But I want to be baptized!' What would happen? ...”

( Homily given at Casa Santa Marta on May 12, 2014: http://www.news.va/en/news/pope-at-mass-the-holy-spirit-makes-the-unthinkable - François, les martiens et la patience de Dieu. )

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“...In the eyes of God we are the most beautiful thing, the greatest, the best of creation: even the angels are beneath us, we are more than the angels. ...”

( General Audience at St. Peter’s Square, May 21, 2014: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/audiences/2014/documents/papa-francesco_20140521_udienza-generale.html )

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“...As I have frequently observed, if a choice has to be made between a bruised Church which goes out to the streets and a Church suffering from self-absorption, I certainly prefer the first. ...”

( Message of Pope Francis for the 48th World Communications Day, “Communication at the Service of an Authentic Culture Of Encounter”, 1 June 2014: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/messages/communications/documents/papa-francesco_20140124_messaggio-comunicazioni-sociali.html )

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“...To dialogue means to believe that the “other” has something worthwhile to say, and to entertain his or her point of view and perspective.  Engaging in dialogue does not mean renouncing our own ideas and traditions, but the claim that they alone are valid or absolute. ...”

( Message for the 48th World Communications Day, “Communication at the Service of an Authentic Culture of Encounter,” June 1, 2014 – Cf. 9: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/messages/communications/documents/papa-francesco_20140124_messaggio-comunicazioni-sociali.html )

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“...The journalist asked: ‘Do you perceive a certain underlying misogyny?’—Pope Francis: ‘The fact is that woman was taken from a rib … [he laughs heartily]. It’s a joke, I’m joking. I agree that there must be more reflection on the feminine question, otherwise the Church herself cannot be understood.’ ...”

( Interview with Franca Giansoldati published in Il Messaggero on June 29, 2014: http://www.zenit.org/en/articles/full-english-text-of-pope-francis-interview-with-il-messaggero )

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“...Sunday is for family. ...”

( Responding to the journalist Pablo Calvo on July 7, 2014 for the Argentine weekly Viva: http://www.catholicnews.com/data/stories/cns/1403144.htm )

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“...Live and let live, that is the first step towards peace and joy. ...”

( Responding to the journalist Pablo Calvo on 7 July 2014 for the review Viva: http://www.novusordowatch.org/wire/interview-no-11-francis.htm - http://sggresources.org/blogs/news/9565929-9-11-for-the-magisterium-the-francis-interviews )

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“...What does the Holy Spirit do? I said he does something else, which perhaps one might think is division, but it isn’t. The Holy Spirit creates “diversity” in the Church. (I Corinthians 12). He creates diversity! And this diversity is truly very rich, very beautiful. But then, the Holy Spirit himself creates unity, and so the Church is one in diversity. And, to use the word of an Evangelical whom I love very much, a “reconciled diversity” by the Holy Spirit. He creates both things: He creates the diversity of charisms and then He creates the harmony of charisms. ...”

( Pope Francis' address to the Pentecostal community known as the Evangelical Church of Reconciliation in Caserta, Italy, July 28, 2014: http://www.zenit.org/en/articles/pope-s-address-to-pentecostal-community-in-caserta )

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“...I urge you to continue working to create this human village, ever more human, which offers children a present of peace and a future of hope. ...”

( Address of Pope Francis to Participants in the International Meeting of Directors of “Scholas Occurrentes” on September 4, 2014: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2014/september/documents/papa-francesco_20140904_direttori-scholas-occurrentes.html )

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“...Of what things can a Christian boast? Two things: his sins and Christ crucified. ...”

( Mass at Santa Marta on Thursday, 4 September 2014 : http://www.news.va/en/news/mass-at-santa-marta-why-boast-about-sins )

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“...In life you can do two contrary things: build bridges or build walls. Walls separate, they divide. Bridges connect . . . no one is in charge of this communication but everything works. It is spontaneity in life, it is saying “yes” to life . . . communicating is avoiding all discrimination . . . I see that you are making good progress and you know how to communicate among yourselves in various languages and starting from your religious identity. This is beautiful . . . it is important to work in groups, study in groups and follow the path of life in a group . . . Create the future! ...”

( Video conference with the students of Scholas Occurrentes, September 4, 2014: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2014/september/documents/papa-francesco_20140904_videoconferenza-piattaforma-scholas.html )

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“...The blood they have shed may become the seed of hope to build true fraternity between peoples. ...”

( In a telegram sent to the religious superior on September 8, 2014, Pope Francis alluded thus to the three Italian sisters decapitated in Africa: http://www.news.va/en/news/popes-telegram-for-the-three-nuns-killed-in-burund )

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“...Jesus . . . came to the world to learn to be a man and, being man, to walk with men. ...”

( Morning meditation in the chapel of the Casa Santa Marta, September 15, 2014: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/cotidie/2014/documents/papa-francesco-cotidie_20140915_three-women.html )

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“...Let us look around us: there are so many poor and needy people, so many societies that try to find a more inclusive way of social justice and path of economic development! How great is the need for the human heart to be firmly fixed on the deepest meaning of experiences in life and rooted in a rediscovery of hope! Men and women, inspired in these areas by the values of their respective religious traditions, can offer an important, and even unique, contribution. This is truly a fertile land offering much fruit, also in the field of interreligious dialogue. ...”

( Meeting with the leaders of other religions and other Christian denominations, September 21, 2014: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2014/september/documents/papa-francesco_20140921_albania-leaders-altre-religioni.html )

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“...Respect for human rights . . . among which religious freedom and freedom of expression stand out, is the preliminary condition for a country’s social and economic development. ...”

( Meeting with the civil authorities of Albania, September 21, 2014: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2014/september/documents/papa-francesco_20140921_albania-autorita.html )

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“...Jesus, when he laments — ‘Father, why have you abandoned me?’ — is he blaspheming? This is the mystery . . . many times in [the Pope’s] pastoral experience, he himself hears ‘people who are living in difficult, sorrowful situations, who have lost so much or who feel alone and abandoned and come to complain and to ask these questions: Why? They rebel against God.’ And the Pope’s answer is: ‘Continue to pray this way, because this too is a prayer.’ As was that of Jesus, when he asked the Father: ‘Why have you abandoned me?’ ...”

( Morning meditation in the chapel of the Casa Santa Marta, September 30, 2014: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/cotidie/2014/documents/papa-francesco-cotidie_20140930_prayers-in-the-darkness.html )

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“...To find what the Lord asks of his Church today, we must lend an ear to the debates of our time and perceive the “fragrance” of the men of this age, so as to be permeated with their joys and hopes, with their griefs and anxieties (cf. Gaudium et Spes, n. 1). At that moment we will know how to propose the good news on the family with credibility. ...”

( Address during the meeting on the family, Saint Peter's Square, October 4, 2014: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2014/october/documents/papa-francesco_20141004_incontro-per-la-famiglia.html )

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“...The world has changed and the Church cannot lock itself into alleged interpretations of dogma. We have to approach social conflicts, old and new, and try to give a hand so as to reassure, not stigmatize and not simply rebuke. ...”

( Interview with Joaquín Morales Solá on October 5, 2014 published in the Argentinian journal La Nación: http://www.medias-presse.info/synode-le-pape-francois-veut-reinterpreter-le-dogme/16245 )

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“...Corruption is a greater ill than sin. More than forgiveness, this ill must be treated. Corruption has become natural, to the point of becoming a personal and social statement tied to customs, common practice in commercial and financial transactions, in public contracting, in every negotiation that involves agents of the State. It is the victory of appearances over reality and of brazenness over honorable discretion. ...”

( Address to the delegates of the International Association of Penal Law, 23 October 2014: http://m.vatican.va/content/francescomobile/en/speeches/2014/october/documents/papa-francesco_20141023_associazione-internazionale-diritto-penale.html )

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“...All Christians and men of good will are thus called today to fight not only for the abolition of the death penalty, whether legal or illegal, and in all its forms, but also in order to improve prison conditions, with respect for the human dignity of the people deprived of their freedom. And I link this to life imprisonment. A short time ago the life sentence was taken out of the Vatican’s Criminal Code. A life sentence is just a death penalty in disguise . . . These abuses can only be stopped with the firm commitment of the international community to recognize the primacy of the pro homine principle, meaning the dignity of the human person above every thing else. ...”

( Address to the delegates of the International Association of Penal Law, October 23, 2014: http://m.vatican.va/content/francescomobile/en/speeches/2014/october/documents/papa-francesco_20141023_associazione-internazionale-diritto-penale.html )

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“...The scandal of poverty cannot be addressed by promoting strategies of containment that only tranquilize the poor and render them tame and inoffensive. How sad it is when we find, behind allegedly altruistic works, the other being reduced to passivity or being negated; or worse still, we find hidden personal agendas or commercial interests. “Hypocrites” is what Jesus would say to those responsible. How marvelous it is, by contrast, when we see peoples moving forward, especially their young and their poorest members. Then one feels a promising breeze that revives hope for a better world. May this breeze become a cyclone of hope. This is my wish. ...”

( Address to the participants in the World Meeting of Popular Movements, October 28, 2014: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2014/october/documents/papa-francesco_20141028_incontro-mondiale-movimenti-popolari.html )

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“...If we believe in the principle of the unity of the human family, based on the common paternity of God the Creator, and on the fraternity of human beings, no form of political or economic pressure which exploits the availability of foodstuffs can be considered acceptable. Political and economic pressure: here I am thinking about our sister and mother Earth, our planet, and about whether we are free from political and economic pressure and able to protect her, to prevent her from self-destruction . . . Protect our Sister Earth, our Mother Earth, so that she does not react with destruction. But, above all, no system of discrimination, de facto or de jure, linked to the ability to access the market of foodstuffs, must be taken as a model for international actions that aim to eliminate hunger . . . I also pray that the international community might hear the appeal of this Conference and consider it an expression of the common conscience of humanity: to feed the hungry, in order to save life on the planet. ...”

( Address to the FAO in Rome on November 20, 2014: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2014/november/documents/papa-francesco_20141120_visita-fao.html )

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“...Sharing our experience in carrying that cross, to expel the illness within our hearts, which embitters our life: it is important that you do this in your meetings. Those that are Christian, with the Bible, and those that are Muslim, with the Quran. The faith that your parents instilled in you will always help you move on. ...”

( Addressing immigrant Muslims in a Roman parish during the World Day of Migrants and Refugees on 19 January 2014: http://www.romereports.com/pg155489-francis-to-refugees-christian-or-muslim-the-faith-your-parents-instilled-in-you-will-help-you-move-o-en )

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“...The path chosen by the Council of Europe is above all that of promoting human rights, together with the growth of democracy and the rule of law. This is a particularly valuable undertaking, with significant ethical and social implications, since the development of our societies and their peaceful future coexistence depends on a correct understanding of these terms and constant reflection on them. This reflection is one of the great contributions which Europe has offered, and continues to offer, to the entire world. In your presence today, then, I feel obliged to stress the importance of Europe’s continuing responsibility to contribute to the cultural development of humanity . ...”

( Address to the Council of Europe in Strasbourg on November 25, 2014: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2014/november/documents/papa-francesco_20141125_strasburgo-consiglio-europa.html )

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“...We, Muslims and Christians, are the bearers of spiritual treasures of inestimable worth. Among these we recognize some shared elements, though lived according to the traditions of each, such as the adoration of the All-Merciful God, reference to the Patriarch Abraham, prayer, almsgiving, fasting… elements which, when lived sincerely, can transform life and provide a sure foundation for dignity and fraternity. Recognizing and developing our common spiritual heritage – through interreligious dialogue – helps us to promote and to uphold moral values, peace and freedom in society. ...”

( Address to the President of the Diyanet at the Department of Religious Affairs in Ankara on November 28, 2014: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2014/november/documents/papa-francesco_20141128_turchia-presidenza-diyanet.html )

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“...After extending his best wishes, the Pope asked a favor from the Ecumenical Patriarch rarely seen. “I ask of you a favor: to bless me and the Church of Rome. ...”

( Pope asks ecumenical patriarch for blessing at prayer service, November 29, 2014 - Pope Francis approached Bartholomew I, who was visibly moved by the gesture. The Patriarch blessed the Pontiff, kissed his forehead and embraced him.: http://www.zenit.org/en/articles/a-meeting-among-brothers-in-faith-charity-and-hope )

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“...I went to Turkey as a pilgrim, not a tourist . . . when I entered the Mosque, I couldn't say: now, I’m a tourist! No, it was completely religious. And I saw that wonder! The Mufti explained things very well to me, with such meekness, and using the Quran, which speaks of Mary and John the Baptist. He explained it all to me.... At that moment I felt the need to pray. So I asked him: “Shall we pray a little?”. To which he responded: “Yes, yes”. I prayed for Turkey, for peace, for the Mufti, for everyone and for myself, as I need it … I prayed, sincerely.... Most of all, I prayed for peace, and I said: “Lord, let’s put an end to these wars!”. Thus, it was a moment of sincere prayer. ...”

( Press conference on board the flight returning from Turkey on November 30, 2014: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2014/november/documents/papa-francesco_20141130_turchia-conferenza-stampa.html )

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“...I believe we are moving forward in our relations with the Orthodox; they have the sacraments and apostolic succession ... we are moving forward. What are we waiting for? For theologians to reach an agreement? That day will never come, I assure you, I'm skeptical. Theologians work well but remember what Athenagoras said to Paul VI: “Let's put the theologians on an island to discuss among themselves and we’ll just get on with things!”... We mustn't wait. Unity is a journey we have to take, but we need to do it together. This is spiritual ecumenism: praying together, working together. There are so many works of charity, so much work ... Teaching together ... Moving forward together. This is spiritual ecumenism ... I’ll say something that a few, perhaps, are not able to understand: the Eastern Catholic Churches have a right to exist, but uniatism is a dated word. We cannot speak in these terms today. We need to find another way. ...”

( Press conference on the flight returning from Turkey on November 30, 2014: http://w2.vatican.va/content/francesco/en/speeches/2014/november/documents/papa-francesco_20141130_turchia-conferenza-stampa.html )

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...alle weiteren Verlautbarungen, z. B. Ansprachen, Audienzen, Predigten,...
...finden Sie auf der Vatikan-Homepage
==> http://w2.vatican.va/content/vatican/de.html

(LWT)

 
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